Tuning der 9N/9N3-Motoren, Sportfilter und Co.

Was ist machbar und was nicht?

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ulf
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Tuning der 9N/9N3-Motoren, Sportfilter und Co.

Ungelesener Beitragvon ulf » 6. Apr 2006, 18:04

Letzte Änderung: 12.05.14

Immer wieder liest man Fragen nach Leistungserhöhungen beim 9N.
Obwohl die grundsätzliche Frage gestattet sein muß, warum sich die betreffenden Leute nicht gleich einen stärkeren Wagen gekauft haben (außer sie fahren schon den stärksten Motor, der für sie zu bekommen war), möchte ich hier die Basics zusammenfassen.

In Kompaktform für eilige Leser:
Chiptuning bei den 9N-Sauger-Motoren (alle Benziner bis 1,6 Liter und der 1,9l SDI) ist praktisch witzlos, weil die Motoren keine ungenutzten Potentiale haben, die einen deutlichen Kraft- und Fahrleistungsgewinn erlauben würden! Spürbar mehr Leistung ist hier nur über mechanische Eingriffe samt Anpassung der Motorelektronik möglich.
Nur bei den TDIs und GTIs verschafft (gutes!) Chiptuning das Gefühl, einen neuen, stärkeren Motor zu fahren.

Hoffnungen auf Leistungsgewinne durch "Sport"luftfilter oder -auspuffanlagen an serienmäßigen Motoren (Sauger oder Turbos) sind ähnliches Wunschdenken wie beim Sauger-Chiptuning.

Threads im Forum, die sich nur um solche Fragen drehen, werden künftig kommentarlos geschlossen.


_____________________

Die Leistung eines Motors ergibt sich (vereinfacht ausgedrückt) aus Drehmoment mal Drehzahl.
Für mehr Leistung kann man also das Drehmoment steigern, oder die (maximale) Drehzahl erhöhen - wobei allerdings das Drehmoment nicht stark abnehmen darf, damit das Produkt Drehmoment mal Drehzahl (= Leistungskurve) weiter steigt, anstatt schon abzustürzen.

Für mehr Drehmoment muß bei Benzinern zunächst mehr Luft in die Zylinder gebracht werden, und entsprechend der erhöhten Luftmasse muß mehr Sprit eingespritzt werden.
Die Luftmenge pro Saughub ist aber ein Resultat der "mechanischen" Motorparameter, u.a.
- Hubraum pro Zylinder
- Länge, Querschnitte und Engstellen der Ansaugwege
- Ventilhub und -öffnungszeiten (d.h. Form der Nockenwelle)
- maximale Öffnung der Drosselklappe.

Wenn es nun um Chiptuning für Saug-Benziner geht, dann möge sich jeder mal fragen, welche dieser Parameter sich per Chip ändern lassen . . . richtig: gar keiner!!

Ein deutlich fühlbarer Kraftgewinn bei Benzinsaugern wäre nur dann möglich, wenn die Werkssoftware einen Motor absichtlich nicht voll ausreizt.
Dann könnte ein Chiptuner die "im Stall eingesperrten PS" rauslassen - wobei man sich allerdings fragen sollte, warum diese Reserven nicht schon ab Werk genutzt werden, wo doch die Saugmotor-Polos aufgrund ihres Leistungsgewichtes wahrlich keine Fahrleistungs-Wunder sind.
Die Antwort (wenn man eine bekäme) würde regelmäßig auf die Dauerhaltbarkeit hinauslaufen - d.h. sobald man die Tuning-Mehrleistung abruft, verkürzt man die Standfestigkeit des Motors unter die Mindestlebensdauer-Berechnungen der Werks-Entwickler.
Welche Sauger per Software so stark eingebremst sind, daß ein Chiptuning deutliche Mehrleistung freisetzen kann (anstatt nur Gaspedal-Mogel-Power zu liefern, siehe weiter unten), und ob darunter überhaupt welche aus der 9N / 9N3-Palette sind, darüber sind leider kaum gesicherte Informationen zu bekommen.

Abgesehen von solch ungewissen "Aufbohrmöglichkeiten der Software" kann ein Chiptuner bei einem Saugmotor nur nach ein paar Strohhalmen greifen:

:arrow: per Vorverlegung des Zündzeitpunktes (verbunden mit dem Zwang, teureren Sprit zu tanken!) sind zwar minimale Drehmomentsteigerungen möglich, die man aber im Alltag nicht als wirklichen Kraftgewinn bemerkt.
:arrow: Je nachdem wie stark die Volllastanreicherung bei Benzinern ab Werk ist, kann man per Chip auch noch eine Winzigkeit Leistung holen - die aber vom Popometer ebenfalls nicht als Fortschritt bemerkt werden.

Eher ein Showeffekt ist das Anheben des Drehzahlbegrenzers, wonach man den den Motor auf höhere Maximaldrehzahlen prügeln kann, denn
grundsätzlich liegt schon der werksmäßige Drehzahlbegrenzer jenseits der Drehzahl der maximalen Leistung.
Läßt man den Motor noch höher drehen, fällt die Leistungskurve noch weiter ab, und man gewinnt praktisch nichts außer Lärm, astronomische Momentanverbräuche und Verschleiß in Zeitraffer, da die Motorhardware und insbesondere die Ventilsteuerzeiten nicht für Drehzahlen jenseits des werksmäßigen Begrenzers ausgelegt sind.

Die wirksamste Methode für eine bessere Zylinderfüllung bei Saugern ist die gute alte "scharfe" Nockenwelle, bei den 9N-Saugern in Verbindung mit einer Anpassung des Motormanagements (Chiptuning).
Leider läßt sich die Motorcharakteristik so nur auf der Drehzahlskala verschieben, d.h. mehr Kraft im oberen Drehzahlbereich wird i.d.R. mit weniger Durchzug im unteren Bereich erkauft, und manchmal sogar mit unrundem Lauf / Stottern im Drehzahlkeller.

2 Beispiele für den Effekt des "verschobenen kraftvollen Drehzahlbereiches", Basis ist jeweils der 1,4l 75PS Benziner im 9N:

Bild

Noch mehr Leistung für viel mehr Geld sind nur durch aufwendigere Umbauten möglich, z.B. Turbolader-Kits usw.


Ein gängiger Trick in der Tunerszene zum Vortäuschen eines nicht existenten Kraftzuwachses ist die Umprogrammierung der Relation Gaspedalstellung - Einspritzmenge im Teillastbereich:
Dadurch packt der Motor bei weniger Gas bissiger zu als vorher, hat aber sein Pulver ca. auf dem halben Pedalweg schon weitgehend verschossen - und bei Vollgas muß kein einziges PS oder Nm mehr herauskommen als vorher!
Man kann davon ausgehen, daß viele oder alle Sauger-Chiptunings mit diesem Trick arbeiten, um das Ergebnis möglichst spektakulär wirken zu lassen - besonders wenn der Motor schon mit der Werkssoftware auf voller Leistung läuft und für einen Chiptuner aus den o.g. Gründen praktisch nichts mehr herauszuholen ist.
Aber auch bei vielen TDI-Tunern gehört dieser Trick mittlerweile leider zum Standardrepertoire.


Beim SDI kann man per Chiptuning durch Erhöhen der Einspritzmenge den serienmäßigen Luftüberschuß soweit verbrauchen, bis der Rußausstoß unakzeptabel wird.
Da die Serienabstimmung schon recht nahe an dieser Grenze liegt, läßt sich auch beim SDI nichts herausholen, was vom Popometer als eindeutiger Fortschritt gemeldet wird - selbst wenn hinter dem Wagen bei Vollgas der Tag zur Nacht wird.


Deutlich besser sind die TDIs zu tunen, deren Turbolader einen viel höheren Luftüberschuß liefert als beim SDI. Hier kann man mit einer Powerbox spürbare Mehrleistung herausholen, bevor der Motor zum Nebelwerfer wird. Eine aktive Ladedruckerhöhung ist mit den bisher bekannten Boxen nicht möglich, und bei leichten Leistungssteigerungen (bis etwa 10%) auch nicht unbedingt nötig.
Beim Kauf einer Powerbox für die 9N TDIs sollte man die Sorte wählen, die in den PDE-Kabelstrang eingeschleift wird und sich dank Mikroprozessor ungefähr dem jeweiligen Lastzustend des Motors anpasst. Diese Boxen haben die charakteristischen, großen runden 4 oder 5-poligen Steckverbindungen, die an den Zylinderkopf passen.
Versucht man allerdings mit einer solchen Box, die maximal mögliche Leistung herauszuholen, so kann die Ladedruckregelung außer Kontrolle geraten, was einen Laderschaden in greifbare Nähe bringt: Beispiel siehe http://forum.polo9n.info/viewtopic.php?f=31&t=17178 .
Zerlegt sich der Lader und fliegen genug von seinen Verdichtertrümmern bis in den Motor, dann ist der Powerboxen-GAU komplett: man hat nämlich einen Lader - und Motortotalschaden.


Wer sich auf einen Billig-TDI-Powerstecker einläßt, der nur in den 2-poligen Sensorkreis des Dieseltemperaturfühlers eingestöpselt wird, sollte wissen, daß diese Boxen die stärkste Mengenanhebung direkt nach einem Klirrfrost-Kaltstart liefern, und ihre Wirkung mit steigender Motortemperatur immer schwächer wird.
Wer also das besonders verlockende Kraftpotential bei kaltem Motor regelmäßig ausnutzt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sein Motor in Zeitraffer altert und ungewöhnlich früh die Segel streicht. Denn leistungsgeile, gefühllose Fahrer und kalte Motoren sind eine tödliche Kombination - für die Motoren!
Die Konsequenzen für den Gebrauchtkauf eines so "getunten" TDI möge sich jeder selbst denken . . .

Daß TDIs ein so simples Boxen-Tuning (und auch Pi x Daumen-Chiptunings) überhaupt annehmen und mit Mehrleistung reagieren, zeigt daß sie in puncto Feinabstimmung ziemlich gutmütig sind.

Soll es mehr Leistung sein als per Box möglich (bei akzeptablem Abgasbild), dann muß ein Chiptuner ran, der vor allem auch den Ladedruck kontrolliert anheben kann und so mehr Luft in die Zylinder bringt.

Aber auch ohne die machbare Höchstleistung hat ein gutes Chiptuning Vorteile gegenüber einer Tuningbox, weil man die tuningbedingte Mehrbelastung des Materials besser verteilen kann, ohne daß einzelne Betriebsgrenzen vorschnell überschritten werden.
Z.B. steigen durch eine Box die Rußwerte und Abgastemperaturen stark an, so daß insbesondere für den Lader bald "die rote Marke" erreicht ist und er bei längeren Vollgasetappen oft am Rande eines Überhitzungsschadens läuft.
Beim Chiptuning kann man dagegen die Abgastemperaturen und Rußwerte durch eine maßvolle Ladedruckanhebung und Vorverlegung des Spritzbeginns deutlich senken. Das entlastet den Lader thermisch, fordert ihm aber höhere Drehzahlen ab, und belastet die Zylinderkopfdichtung stärker.
Bezogen auf dieses (vereinfachte) Beispiel ist es nun die hohe Kunst des Chiptunings, durch eine ausgeklügelte Gesamtabstimmung einen Teil der Mehrbelastung des Laders so auf die Zylinderkopfdichtung zu verschieben, daß beide problemlos damit fertig werden - auch bei Dauervollgas.
Leider bekommt man ein so gutes Chiptuning nicht an jeder Ecke, und am allerwenigsten bei Billig- oder Parkplatztunern. Deren Motor-"Abstimmungen" können sogar noch eher zu Schäden führen als Powerboxen: Z.B. das Powerboxen-Szenario des Laderschadens mit folgendem Motortotalschaden wegen Verdichtertrümmern kann genausogut bei überzogener Tuningsoftware auftreten.

Beim Chiptuning von Turbomotoren muß der "kraftvolle Drehzahlbereich" nicht zwangsläufig verschoben werden wie bei Saugmotoren, sondern das Drehmoment kann ohne besondere Kunstgriffe im alltäglich genutzten Drehzahlbereich angehoben werden.
Ein Beispiel für die Basis eines 96kW TDI (die Motorkurven wurden aus Logdaten berechnet und zeigen u.a. den üblichen Kraftüberschuß serienmäßiger TDIs gegenüber den Papierdaten - hier 310Nm / 130PS):

Bild


Stärkere Kupplung?
Die meisten TDIs lassen sich mit Holzhammer-Tuningfiles auf so hohe Maximaldrehmomente bringen, daß die Serienkupplung bei Vollgas durchrutscht. Oft wird dann die Ansicht vertreten, daß eine "Sport"kupplung her muß, die dem vollen Drehmoment gewachsen ist - und dabei übersehen, daß eine intakte Orignal-Kupplung sozusagen die Lebensversicherung für den gesamten Kraftstrang vom Zweimassenschwungrad bis zu den Antriebswellen ist. Bei zu hohen Drehmomenten rutscht sie durch und begrenzt so die Materialbelastung kurz oberhalb der konstruktiv bedingten Maximalwerte der Getriebe von 250 Nm (5-Gang TDI) bzw. 350 Nm (6-Gang TDI).
Auch wenn der Vergleich etwas hinkt: Was würde man jemandem sagen, der seine alten Winterreifen für max. 160 km/h an einen Wagen mit einer Vmax von z.B. 210 km/h montieren will und Bleifuß blasen will, wann immer sich die Gelegenheit bietet? 50 km/h oder 31% Überlastung entsprechen ungefähr den Drehmomentdaten etlicher TDI-Tuningangebote gegenüber den besagten Getriebe-Freigaben von VAG für 250 bzw. 350 Nm.
Drehmomentverliebte Tuner würden darauf wohl antworten, daß sie jede Menge TDIs kennen, die "schon ewig" mit max. Drehmomenten weit über den Freigaben gefahren werden. Darauf ist zu sagen, daß die extremen Drehmomente meist nur ein einem schmalen Drehzahlbereich um 2500 rpm entfesselt werden, der beim vollen Beschleunigen schnell durchfahren wird. Daher ist die Dauer jeder Überlastung oft so kurz, so daß das Getriebe u.U. Tausende solcher Zyklen verkraftet, bevor es kapituliert.
Verträglicher für den Kraftstrang bei (annähernd) gleichen Fahrleistungen wäre in jedem Fall eine Software, die statt schmaler hoher Nm-Peaks ein breites Drehmomentplateau auf Höhe der besagen 250 bzw. 350 Nm bereitstellt: So kann man sich die Mehrkosten für eine teure "Sport"kupplung sparen und muß auch nicht mit tuningbedingten vorzeitigen Getriebedefekten rechnen.
Allerdings bekommt man solche Software nicht beim Tuner um die Ecke, da aufgrund der drehzahl- und einspritzmengenabhägigen Verläufe der Motorwirkungsgrade ein exakt berechneter, "welliger" Verlauf der Einspritzmenge programmiert werden muß.


Wie finde ich einen guten Chiptuner?

Oder anders gefragt: Wo gibts optimale Software zu fairen Preisen?

Aus Sicht vieler Tuner sieht eine gute TDI-Tuningsoftware ungefähr so aus:
1. Das Kundenpopometer soll einen deutlichen Unterschied zur Serie merken.
2. Hardwareschäden sollten im Alltagsbetrieb (= mit nur kurzen Vollgasetappen) nicht gleich auf den ersten 100km auftreten.
3. Bei Vollgas sollte im Rückspiegel wenigstens zeitweise noch etwas anderes zu sehen sein als eine völlig schwarze Fläche.
4. Der Zukaufpreis für Tuner, die nicht selbst programmieren, soll möglichst niedrig sein.

Diese "Entwicklungsziele" lassen sich schon durch Verdrehen einer einzigen Softwareschraube erreichen.
Daneben gibt es aber z.B. bei der EDC15 noch ca. ein Dutzend andere Softwareschrauben, die die Leistungskurve direkt beeinflussen, und zusätzlich noch thermische Schutzfunktionen, die bei einem guten Chiptuning auch angepaßt werden müssen, um das Risiko von Überhitzungsschäden bei Dauervollgas zu minimieren.
Die möglichen Kombinationen für Motor"abstimmungen" (= welche Softwareschrauben wie weit verdreht werden) gehen daher in die Millionen, und der größte Teil davon erzeugt Fehler im Betrieb des Motors, die die OEM-Software nicht hat: z.B. starkes Rußen direkt nach dem Vollgasgeben, Kraftverlust mit wärmer werdendem Motor, hohe Abweichungen zwischen angezeigtem und Realverbrauch, starke Ladedruckregelfehler (Über- und Unterschwinger), Unterdrückung der Notlauffunktion bei zu hohem Ladedruck, zu hohe Abgastemperaturen mit dem Risiko teurer Hardwareschäden besonders bei Dauervollgas in sommerlicher Hitze usw.
Aber nur wenige Fehler werden üblicherweise vom Kunden bemerkt - z.B. wenn der Motor regelmäßig in den Notlauf geht und / oder die Fehlerlampe blinkt.
Haufenweise TDI-Tuningsoftwares mit weniger auffälligen Fehlern finden ihren Weg auf den Markt - wobei der Preis den der Kunde zahlt, leider hauptsächlich vom Image des Tuners abhängt, aber kaum von der wirklichen Qualität der Software . . .

Hält man sich zusätzlich vor Augen, dass die Kundenfang-Fassade aus den Gewinnen des Softwaregeschäfts (mit)finanziert werden muß, dann kann man ahnen, dass hinter besonders glänzenden Fassaden und viel Werbeaufwand nicht zwangsläufig besonders gute Tuningsoftware verkauft wird – eher im Gegenteil!
Bei "alteingessenen" Tunern kann man es nur als gesichert ansehen, daß ihr Marketingkonzept sie entsprechend lange über Wasser gehalten hat, aber auch das ist keinerlei Beweis für gute Tuningfiles.

Beim Einschätzen der Softwarequalität ist daher jeder Kunde, der sich nicht in den Tiefen der Motorsoftware auskennt und Tools zum Auslesen und Ansehen hat, hauptsächlich auf sein Popometer angewiesen: ein sehr unpräzises und unzuverlässiges Instrument, das zudem erst zum Einsatz kommen kann, wenn der Wagen schon getunt ist.
Vorher-Nachher-Vergleiche der Vmax sind ähnlich unzuverlässig, da die Meßbedingungen (Gefälle, Wind usw.) die Ergebnisse stark verfälschen können.

Daher versuchen die meisten Tuning-Interessenten, die Softwarequalitäten von Chiptunern aus der Ferne anhand diverser Ersatzkriterien einzuschätzen.
Neben immer wieder abgefragten Erfahrungen anderer Kunden (die hinsichtlich des Tunings auch nur ihre Popometer-Eindrücke oder fragwürdige Vorher-Nachher-Daten schildern können!) achten die meisten Interessenten auf Dinge wie:
-> ansehnliche Versprechen zu Drehmoment und Leistung des getunten Motors
-> Preisgestaltung, Nachlässe (Schnäppchen-Reiz!)
-> eine tolle Website
-> repräsentative Geschäftsgebäude (mit hübschen Frauen am Empfang)
-> zuvorkommende und freundliche Beratungen
-> Engagement im Motorsport
-> angebliche Zusammenarbeit mit Motorenentwicklern bei den Fahrzeugherstellern (was sich auch auf das Liefern von Mützen, Frühstücksbrötchen o.ä. beschränken kann)
-> angebotene Garantien
-> TÜV-Gutachten
-> Versprechen, die Leistungscharakteristik individuell zu gestalten
-> Vor-Ort-Tuningaktionen
-> hauseigener Leistungsprüfstand
usw. usw.


Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, gute Tuningsoftware zu bekommen, sollte sich der normale Popometer-Kunde aber nicht von Äußerlichkeiten blenden oder abschrecken lassen, sondern sich eher an ein paar technik-nahen Kriterien orientieren:

1. "Spezialisten leisten etwas besonderes."
Als Fahrer z.B. eines 100 PS TDI wäre es der absolute Glücksfall, einen Tuner zu finden, der sich nur mit dieser Motorenfamilie befasst und nicht nur hervorragende Kenntnisse der MSG-Software hat, sondern sich auch in der Schrauberpraxis an der Motorhardware auskennt, indem er leistungsfördernde Umbauten erfolgreich mit der darauf abgestimmten Software kombinieren kann: hier kann man als Kunde davon ausgehen, dass der gewählte Tuner all seine (berufliche) Phantasie und Leidenschaft in das Tuning der Motoren steckt, von denen man selbst einen fährt.
Je mehr "Nebenaktivitäten" ein Tuner gegenüber diesem eher theoretischen Ideal verfolgt, z.B.
- eine riesige Tuningsoftwarepalette für nahezu alle Hersteller und Fahrzeugmodelle mit digitalen Motorsteuerungen, aber keine Tuning-Angebote im Bereich der Motorhardware,
- häufige Massenabfertigungs-"Tuningaktionen in Ihrer Nähe" als Kleinst- oder 1-Mann-Unternehmen
- Fahrwerkstuning,
- Karosseriestyling,
- Neu- oder Gebrauchtwagenhandel,
- Ersatzteile- und Zubehörhandel, Auto-Hifi usw.
umso eher wird die Tuningsoftware nur zugekauft sein. Aber selbst wenn solch ein Tuner nicht die "wirtschaftlichsten" (billigsten) Softwarequellen anzapft, wird er bestenfalls zweitklassige Tuningkonzepte an seine Kundschaft weiterreichen können. Denn welcher Tuningsoftware-Entwickler wird schon seine wirklichen Geheimrezepte und Schmankerl an Konkurrenten weitergeben, anstatt die besten Abstimmungen für seine eigenen Kunden zurückzubehalten?

2. Gibt es einen Eingangs-Check?
Man achte darauf bzw. frage vorher, ob der Tuner vorher den Motor gründlich überprüft (mindestens per Diagnosegerät, ggf. Kompressionstest usw.), denn nur intakte Motoren sind brauchbare Tuningobjekte.
Ergibt eine evtl. Prüfstandsmessung vor dem Tuning deutlich weniger als die Serienleistung und ignoriert der Tuner das Problem, oder will es nur per Software ausgleichen anstatt die Ursachen zu beseitigen, so empfiehlt es sich, das Tuning auf später (oder besser gleich zu einem anderen Anbieter) zu verlegen, nachdem der Defekt behoben ist.

3. Was wird in der Software geändert?
Bei ausreichendem eigenem Wissen fragt man den Tuner, welche grundlegenden Änderungen er im Motormanagement vornimmt. Kommen dann nur Pauschalantworten wie "mehr Sprit", die nicht näher präzisiert werden können, dann weiß der Tuner vermutlich nicht wirklich, was er macht.
(Wer würde sich wohl von einem Arzt operieren lassen, der "irgendetwas kleines herausschneidet"?)

4. Wieviele Bereiche der Software (Kennfelder) werden geändert?
Eine Antwort bekommt man als Kunde gewöhnlich nur, wenn sich der Tuner mit seinem Laptop auf den Beifahrersitz setzt, man ihm über die Schulter sehen kann, und evtl. zwischen den Probefahrten sogar noch mit einfachen Worten erklärt bekommt, was gerade geändert wird - oder was der Tuner zu ändern glaubt.
Ein Tuner, der die Leistung mit flinken Fingern nur über 1 oder 2 Kennfelder einstellt und sofort danach zur nächsten Proberunde auffordert, liefert mit Sicherheit keine ausgereifte Motorabstimmung: da sollte jeder Kunde, dem etwas an seinem Motor liegt, ggf. nach einer nochmaligen Proberunde sagen daß das Ganze nicht gefällt, und wieder die Seriensoftware in sein MSG flashen lassen.



Qualitäten von TDI-Tuningsoftwares im Alltagsbetrieb

Unabhängig von der evtl. Möglichkeit, beim Entstehen seiner TDI-Tuningsoftware zuzuschauen, kann man auch anhand der praktischen Fahr-Eindrücke ein paar Qualitätskriterien grob einschätzen.
:arrow: Der Teillastbereich bis ca. 70% Pedalweg fährt sich mit seriösen Tuningfiles genauso wie die Seriensoftware: mit der gewohnten Leistungsentfaltung, ohne Ruckeln, ohne Mehrverbrauch (auf der MFA und vor allem beim Nachtanken!), und vor allem ohne das Gefühl, man bräuchte das Gaspedal nur noch streicheln um kräftig zu beschleunigen: Letzteres zeigt nur, dass der Tuner es nötig hat, mit dem Gaspedal-Bluff (siehe oben) zu arbeiten.
Ein anderer gängiger Trick für eine schnellere Reaktion aufs Gasgeben, nämlich das Programmieren eines höheren Teillast-Ladedrucks (was beim Durchtreten die Hochlaufzeit bis zum vollen Ladedruck verkürzt), fühlt sich zwar sportlich an, führt oft zu einem höheren Teillastverbrauch.
:arrow: Als Rußbild guter Abstimmungen lässt sich maximal eine leichte Graufahne provozieren, egal bei welcher Drehzahl und in welchem Gang man wieviel Gas gibt. Schwarze Vollgas-Wolken (egal ob ständig oder nur kurz nach dem Durchtreten, während der Ladedruck hochläuft) zeigen nicht nur, dass der Tuner das Arbeiten mit der Trübungsbegrenzung nicht verstanden hat, sondern bedeuten meist auch kritisch hohe Abgastemperaturen, die früher oder später z.B. zu Kolbenschmelzern führen und / oder den Lader hinrichten können (VTG-Klemmer usw.).
Bei Motoren mit serienmäßigem DPF können solche Abstimmungsfehler leider nicht mehr durch Beobachten des Auspuffs festgestellt werden, da der Filter erstmal allen Ruß zurückhält. Aufmerksame Fahrer können tuningsoftware-bedingte Probleme nur noch an deutlich häufigeren Regenerationen gegenüber der Seriensoftware erkennen – oder an plötzlichen Defekten des DPF.
:arrow: Ein immer wieder gefühlter Kraftverlust mit steigender Motor- (bzw. Diesel-)temperatur ist oft keine Einbildung, sondern beim Tuning besonders der 1,9l TDIs ab 130 Serien-PS bei vielen Tunern an der Tagesordnung. Solange man den besonders starken eiskalten Motor nicht mit Vollgas foltert, ist dieser Programmierfehler alleine zwar nicht allzu gefährlich, aber er zeigt einmal mehr, wie wenig Systemverständnis in vielen EDC15-Tuningfiles steckt.

Wenn eine Tuningsoftware diese "Prüfungen" besteht, heißt das aber nicht automatisch, dass man ein rundum gutes Tuningfile bekommen hat! Denn um zu prüfen, ob der Ladedruckverlauf den Lader nicht systematisch überlastet, oder ob thermische Schutzfunktionen richtig angepaßt oder stattdessen völlig deaktiviert wurden (z.B. damit der Motor bei sommerlichem BAB-Bleifuß trotz kritisch hoher LLT keine Leistung verliert), braucht man mindestens ein Diagnosetool, mit dem sich Logdaten aufzeichnen lassen.
Aber selbst per Diagnosetool kann man nicht alle denkbaren Fehler in einer Tuningsoftware finden: das geht letztlich nur, indem man die Tuningsoftware ausliest und mit einer speziellen Chiptuning-Software analysiert.


Aufgrund häufiger Anfragen im Forum folgender Hinweis:
Die 130 PS-TDIs im 9N und 9N3 sind mehr als nur 100 PS-Blöcke mit Werks-Chiptuning! Geänderte (höher belastbare / stärker dimensionierte) Teile werden u.a. eingesetzt bei Kolben, Kurbelwelle, Motorblock, Turbolader, Pumpedüse-Elementen, Luftmassenmesser, Kupplung, Zweimassenschwungrad, Kat und Auspuffquerschnitt. Hinzu kommt natürlich eine andere Motorsoftware - um nur die wichtigsten Änderungen zu nennen.
Daher ist es illusorisch zu denken, ein auf 130 PS gechippter 100PS-TDI würde regelmäßiges Dauervollgas genauso klaglos verkraften wie ein 130 PS-Werksmotor.

Näheres zum TDI-Tuning unter http://community.dieselschrauber.de/con ... php?t=3063



Beim Turbobenziner (GTI) ist das Chiptuning erheblich anspruchsvoller, da die Gemischzusammensetzung (Lambda) dort eine vergleichsweise heikle Sache ist. Fehler rächen sich z.B. durch Ruckeln oder teure Überhitzungsschäden an Motor bzw. Lader.
Tatsächlich brauchen Benziner-Turbos im oberen Lastbereich die sogenannte Innenkühlung in Form einer Überfettung des Gemischs, die auch gleichzeitig die Klopfneigung verringert. Das heißt, sobald man das Gaspedal bis in den Spaßbereich durchtritt, bestreitet der GTI schon ab Werk einen Teil seiner Motorkühlung aus Kraftstoff, der nicht in Leistung umgesetzt wird:
Obwohl ein 9N-GTI-Motor (150 PS) deutlich weniger Reibungsverluste hat als z.B. zwei 75 PS-1,4er zusammen (36% weniger Hubraum, 4 Zylinder und 12 Ventile weniger), verbraucht er laut umgerechneten MFA-Werten bei maximaler (= gleicher) Leistung ca. 18% mehr Kraftstoff pro Stunde.

Soll die Leistung des GTI ohne mechanische Änderungen am Motor weiter angehoben werden, ohne daß Defekte zu befürchten sind, so muß das Gemisch noch stärker überfettet werden: der Momentanverbrauch steigt stärker als die Leistung, und der Motor wird (verglichen mit gleichstarken Saugbenzinern) zum heillosen Volllast-Säufer.
Das ist der Preis, wenn man mit einem 9N GTI auch getunte TDIs abhängen will . . .

. . . denn die sind selbst bei Volllast ausgesprochen sparsame Futterverwerter, da sie bei ungefähr passender Abstimmung praktisch jeden Tropfen mehr Diesel in mehr Leistung umsetzen.
Zum Vergleich: Ein 96kW TDI mit einem Chiptuning auf 118 kW verbraucht im Topspeed-Bereich bei Vollgas etwa 15 - 16 l / 100 km, ein serienmäßiger "nur"110kW GTI dagegen ca. 25 - 26 l / 100 km (Momentanverbrauch laut MFA).



Nicht totzukriegen sind die Märchen von deutlich spürbaren Leistungssteigerungen durch "Sport"luftfilter.
Deren Anbieter arbeiten häufig mit irreführender Werbung, die nur die hohe Luftdurchlässigkeit des Filters hervorhebt. Dabei verschweigen sie geflissentlich, daß ein sauberer(!) serienmäßiger Papierfilter dem Motor keineswegs "die Luft abdreht", sondern oft viel schlimmere Engstellen für die Luft vor oder hinter dem Luftfilter sitzen: man sehe sich z.B. bei vielen Wagen nur einmal die äußere Öffnung des Ansaugstutzens an, durch den sich alle(!) Frischluft quetschen muß . . .
Diese Engstellen bleiben natürlich unverändert, wenn man nur einen "Sport"filtereinsatz in den Serien-Luftfilterkasten packt. Also setzen solche Tauschfilter nicht am schwächsten Glied der Kette an und werden daher kaum eine meßbare Mehrleistung (die über die üblichen Meßtoleranzen hinausgeht) gegenüber einem sauberen OEM-Filter bewirken, egal wie viele Leerphrasen a la optimiert, kraftvoll, dynamisch . . . die Werbetexte enthalten.

Beeindruckende Zahlen wie "30% mehr Luftdurchlaß" sollte man generell auf die Meßbedingungen hinterfragen, insbesondere nach der 100%-Referenz! Falls man ehrliche Antworten bekommt, werden sie kaum auf einen Serienmotor mit normal gewartetem Papierfilter hinauslaufen, sondern eher auf realitätsfremde Messungen: z.B. im Vergleich mit einem völlig verdreckten OEM-Papierfilter, oder bei einem simulierten Ansaugdurchsatz, der einem Vielfachen des Hubraums / Ladedrucks / der Maximaldrehzahl des Motortyps entspricht, für den der Filter eigentlich vorgesehen ist.
Zudem würden 30% mehr angesaugte Luftmasse beim Benziner eine entsprechend erhöhte Einspritzmenge verlangen, damit der Motor noch rund läuft, anstatt wegen zu magerem Gemisch zu stottern bzw. an Überhitzungsschäden einzugehen. 30% mehr Luft und Einspritzmenge würden weiterhin eine ähnlich erhöhte Spitzenleistung bedeuten, die wiederum abnahme- und eintragungspflichtig wäre. Solange aber ein "Sport"luftfilter eine ABE hat, ist schon das der Beweis dafür, daß er die Motorleistung nicht merklich ändert - auch wenn das Popometer etlicher Fans "eindeutige Leistungsgewinne" meldet, weil die Erwartung es unbedingt so haben will.

Ein paar reale Logdaten eines 1,9l TDI zeigen, was am Werbeargument der angeblich weit überlegenen Luftdurchlässigkeit der "Sport"luftfilter wirklich dran ist. Eine Überlegenheit wäre nur möglich, wenn der OEM-LuFi den Luftstrom deutlich behindert, und das würde sich wiederum in einem erheblichen Unterdruck hinter dem Papierfilter zeigen, spätestens wenn der Motor im Pmax-Bereich läuft.
Der OEM-LuFiKa der 9N-TDI-Motoren hat praktischerweise neben dem Ausgang zum LMM einen Pneumatikanschluß, an dem der Druck hinter dem LuFi gemessen werden kann.
Leitet man den Druck von diesem Pneumatikanschluß in ein MSG mit eingebautem Umgebungsdrucksensor, dann kann man den Druckverlauf hinter dem LuFi (in Form des Umgebungsdrucks) loggen, und den Unterdruck als Absinken gegenüber dem Wert bei stehendem Motor oder im Leerlauf berechnen.
Versuche mit einem Ibiza 6L Cupra TDI, der bei der Serien-Pmax (160PS) ca. 140Gramm Luft pro sec ansaugt, ergaben bei einer Versuchsreihe zur Wirkung des Cupra-Saugrohrs gegenüber dem Saugrohr der 96kW TDIs folgende Druckverluste:
96kW-TDI-Saugrohr (AFAIK identisch mit dem GTI-Teilen) = ca. 56 mbar
96kW-TDI-Saugrohr ohne Snowscreen im Schloßträger = ca. 38 mbar
Cupra-Saugrohr (das breite Imponierteil, das sich Seat inzwischen mit Preisen weit über 100 € vergolden lässt) = ca. 30 mbar
Cupra-Saugrohr ohne Snowscreen im Schloßträger = ca. 24 mbar
Cupra-Saugrohr, vorne frei hängend (= ohne das Aufsteckteil im Schloßträger) = ca. 19 mbar.

Verteilt man die letzten 19 mbar gedanklich zu je 1/3 auf das Saugrohr, die Strömungsumlenkungen im LuFiKa und das Papierfilter-Element, dann entfallen auf das OEM-LuFi-Element ca. 6 mbar Druckverlust: das sind ungefähr 0,6 % des normalen Außendrucks bei einem Luftdurchsatz, der bei den alten 1,8T-Motoren sogar ca. 170PS erzeugt.
Daraus folgt:
"Sport-LuFis" für den 9N-TDI und GTI-LuFiKa setzen an einer Stelle an, die selbst bei den Motorleistungen der 9N-GTIs schon ab Werk zu ~ 99% perfekt ist, und opfern dafür einen erheblichen Teil der OEM-Luftfilterwirkung.

Die Filterwirkung von "Sport"luftfiltern wird gewöhnlich in der Werbung bestenfalls mit Leerfloskeln wie "optimal" u.ä. thematisiert, weil genau dort ein weiteres Problem liegt.
Klappt man in Gedanken einen OEM-Papierfilter auseinander so daß die durchströmte Fläche komplett sichtbar wird, und macht dann das selbe mit einem "Sport"luftfilter für den gleichen Motor, dann wird schnell klar, dass letztere meist nur Bruchteile der OEM-Filterfläche haben. Wären diese Miniflächen genauso feinporig wie das OEM-Material, dann wäre der Strömungswiderstand gegenüber dem OEM-Filter deutlich erhöht, und das Werbeargument der höheren Luftdurchlässigkeit des "Sport"filters ins genaue Gegenteil verkehrt.
Beispiel:
Der halb-trapezförmige OEM-Papierfiltereinsatz der 9N-TDIs hat eine Gesamtfläche von ca. 1,3 m² = 13.000 cm². Aus Schnittbildern einer bekannten Carbon-Airbox und den Gehäusemaßen dieser Box für die 1,9l TDIs läßt sich eine Filterfläche von ca. 1.000 cm² berechnen: das sind nicht einmal 8 % der OEM-Filterfläche!

Welche Möglichkeiten gibt es, um den Strömungswiderstand eines "Sport"filters trotzdem unter die Daten des OEM-Teils zu drücken?
1. man vergrößert die Filterporen so weit, bis die winzige "Sport"filterfläche weniger Strömungswiderstand erzeugt als die OEM-Filterfläche
2. man wählt spezielle Meßbedingungen, indem z.B. ein wassergetränkter und / oder stark verschmutzter OEM-Filter mit einem trockenen, sauberen "Sport"filter verglichen wird (auch wenn ggf. empfohlen wird, den "Sport"filter eingeölt zu betreiben).

Inwieweit letzteres praktiziert wird, dürfte schwierig herauszubekommen sein.
Die Porengrößen von OEM- und "Sport"filtern lassen sich dagegen leicht vergleichen, indem man beide Teile mal aus der Nähe anschaut, ggf. mit einer Lupe.
Wenn die Poren des "Sport"filters gegenüber dem OEM-Filter wie offene Scheunentore für angesaugten Dreck wirken, empfehlen die Einbauempfehlungen der "Sport"filters gewöhnlich das Einölen der Filterfläche.
Die praktische Wirkung des Einölens kann man anhand des Scheunentor-Vergleichs erahnen, indem man sich vorstellt, den Rahmen des Tors mit doppelseitigem Klebeband zu beziehen: aller Dreck, der nicht zufällig den Rahmen streift, wird weiterhin durchkommen.

Weiterhin können in der Saugluft mitgerissene Filteröltröpfchen sich auf dem Luftmassenmesser (sofern vorhanden) absetzen und Leistungsverluste bzw. einen vorzeitigen Ausfall des LMM durch falsche Meßwerte bewirken.
Öl und durchgelassener Dreck können sich auch im Bereich der Drosselklappe als schwarze Pampe absetzen und bei den Benzinern den Leerlauf-Ansaugquerschnitt so weit verringern, daß Motorlaufstörungen auftreten (Stottern, schwankende Drehzahl usw.).

Insgesamt ist die Filterwirkung von "Sport"luftfiltern meist schlechter als beim OEM-Filter, d.h. der Motor saugt mehr und gröberen Dreck ein und verschleißt entsprechend schneller. Wenigstens das ist ein echtes Motorsport-Feature, denn hochgezüchtete Rennmotoren sind oft nur dafür ausgelegt, ein Rennen lang durchzuhalten :twisted:

Gleiches gilt auch für die üblichen offenen "Sport"filter. Die umgehen zwar die Engstellen der serienmäßigen Luftführungen und ermöglichen so tatsächlich oft eine Steigerung des angesaugten Luftvolumens im oberen Drehzahlbereich von Saugmotoren.
Der Pferdefuß dabei ist das Ansaugen der Luft direkt aus dem warmen Motorraum - und heiße Luft verringert bekanntlich die Motorleistung, da ihre Dichte geringer ist. Je nach Einzelfall wird also weniger Luftmasse angesaugt (und nur die bestimmt die mögliche Leistung!) als mit dem Serienfilter.
Als echte Käuferverdummung können Filtersysteme gelten, die mit Luftverwirbelungs-Einsätzen usw. ausgestattet sind, um die Strömung zu beschleunigen: jeder Wirbel im Luftweg kostet Energie und verringert daher den Druck der angesaugten Luft an den Einlaßventilen, analog einer Fahrt im Hochgebirge. Damit sinkt die Motorleistung eher, anstatt zu steigen!
Die wirre "Logik" hinter solchen Filtern à la Red Tornado (und wie sie alle heißen) drängt sich auch für Nicht-Physiker auf, wenn man einmal die Werbesprüche von leistungsfördernder gradliniger, kurzer Luftströmung mit den absichtlichen Verwirbelungs-Labyrinthen im Inneren des Filters vergleicht.
Oder man stelle sich einen Leistungssportler vor, der durch ein Stück Gartenschlauch atmen muß: In dem engen Querschnitt des Schlauchs strömt die Luft zwar um ein Vielfaches schneller als durch den weit geöffneten Mund - aber wer glaubt ernsthaft, der arme Mann bekäme mit dem Gartenschlauch besser Luft??

Putzig sind auch Bildchen, die einen Kaltluftschlauch zum offenen Filter als Lösung des Heißluftsauger-Problems präsentieren: Warum sollte kalte Luft von außerhalb des Motorraumes entgegen der natürlichen Temperaturschichtung (unten kalt, oben warm) zum Filter hochsteigen??
Offenbar vermuten die Anbieter offener Filter eine Art Intelligenz in ihren Produkten, die einen benachbarten Kaltluftschlauch erkennt und fortan nur noch gezielt in diese Richtung ansaugt - oder sie hoffen insgeheim, daß sich wenigstens ihre Kunden solche Märchen vorstellen . . .
Selbst wenn die Eintrittsöffnung des Kaltluftschlauches in den Fahrtwind zeigt, wird ein Teil der hochgedrückten Kaltluft am Filter vorbeigehen und die Ansauglufttemperatur immer noch höher liegen als mit dem Serien-Luftfilterkasten, der alle Luft aus kalten Bereichen (beim 9N vor dem Kühler) ansaugt.
Den höchsten Luftmassengewinn bringen offene Filter folglich, wenn der Motor bei hohen Drehzahlen mit Vollgas läuft und die Luft im Motorraum noch schön kühl ist, also wiederum nach einem Kaltstart - eine auffällige Parallele zu den TDI-Dieseltemperatur-Motormörderboxen (siehe oben) . . .

Offene Luftfilter bewirken daher hauptsächlich
1. fette Gewinne für Hersteller und Vertrieb
2. mehr Lärm besonders bei Saugbenzinern (Ansauggeräusch), was bei leichtgläubigen Fans auch die Illusion von mehr Leistung hervorrufen mag
3. Einnahmen für den Staat, wenn mal wieder jemand mit so einem Teil ohne ABE oder Eintrag erwischt wird
4. beschleunigten Motorverschleiß dank der ständigen Extraportion von inhaliertem Dreck.

Mehr Infos zu "Sport"filtern gibts unter
http://community.dieselschrauber.de/vie ... php?t=2917


Bis auf den schnelleren Motorverschleiß sind "Sport"auspuffanlagen oder -endtöpfe prinzipiell gleich zu bewerten wie offene "Sport"luftfilter, zumindest wenn sie im öffentlichen Verkehrsraum betrieben werden dürfen: Mehr Lärm bewirkt den Eindruck von mehr PS (sofern man für solchen Hokuspokus anfällig ist), und das wars auch schon.


Da immer wieder Fragen zu vermeintlichen Tuning-Geheimtips oder genialen Billig-Tuningteilen in Internet-Auktionen auftauchen, hier ein paar Anmerkungen zu den häufigeren Erscheinungsformen.

a) Tuningwiderstände für Benzin-Sauger, die den Messwert der Ansauglufttemperatur (IAT) verfälschen und dem Motor-STG eiskalte, sauerstoffreiche Luft vortäuschen.
Angepriesene Wirkung: Es soll mehr Benzin eingespritzt werden, das den Motor auf eine höhere Leistung bringt.
Tatsächliche Wirkung: Solange das Motor-STG aufgrund von Plausibilitätsprüfungen keinen Defekt erkennt und die Lambdaregelung bei Vollgas abgeschaltet ist, wird tatsächlich mehr Benzin eingespritzt. Da aber für seine Verbrennung kein zusätzlicher Sauerstoff zur Verfügung steht, wird es ungenutzt zum Auspuff herausgeblasen -> Leistungsgewinn = Null!
Das überschüssige Benzin kann sich teilweise im Kat ablagern und den durch Nachverbrennungen (z.B. im Schubbetrieb) so schädigen, dass der Wagen die nächste Abgasuntersuchung nicht mehr besteht.
Diese Art der Autofahrerverdummung ist vom Wirkungsprinzip her nicht mit dem sogenannten 10c-Tuning für TDIs vergleichbar: der Gedanke "das funktioniert ähnlich wie bei TDIs, denn die kriegt man ja auch mit einem Widerstand getunt" ist völlg falsch!

b) elektrische Verdichtergebläse zum Einbau in das Saugrohr
Angepriesene Wirkung: Der Ventilator soll die angesaugte Luft ähnlich einem Turbolader verdichten und so deutliche Mehrleistung erzeugen.
Tatsächliche Wirkung: Die mickrigen Gebläsemotoren sind viel zu klein, um überhaupt die Leistungs-Größenordnung eines PKW-Turboladers (um die 10 kW oder mehr!) zu erreichen. Eine elektrische Leistung von 10kW im 14-Volt-Bordnetz bedeutet eine Stromstärke von rund 700 Ampere - wo sollten die denn (auf Dauer) herkommen, wenn z.B. die 9N-Lichtmaschinen nach Abzug der ständigen Verbraucher bestenfalls 80 Ampere liefern können?
Auch die Kabelquerschnitte der Tuninggebläse verraten, dass die Teile 100% Nepp sind: Vergleicht man sie etwa mit den dicken Kabeln am Anlasser, der im 9N maximal "nur" etwa 2kW leistet, dann wird sofort deutlich, dass die Gebläsekabel schon mit Bruchteilen der elektrischen Leistung völlig überfordert sind, die beim Luftdurchsatz der 9N-Motoren für eine wirksame Verdichtung der Ansaugluft benötigt würde.
Insgesamt stellen solche Gebläse nur einen Strömungswiderstand im Ansaugweg des Motors dar, und ihre Wirkung lässt sich ungefähr mit einem stark verdreckten Luftfilter vergleichen. Daher werden Motoren im Hubraumbereich des 9N durch solche "Tuning"gebläse immer an Leistung verlieren statt gewinnen.
Die Förderleistung der Spielzeuggebläse dürfte bestenfalls ausreichen, um Motorhubräume der Schnapsglasklasse mit mehr Luft zu versorgen.
Prinzipvergleich:
1. man hängt einen Trabi mit Fahrer hinter einen Porsche
2. der Porsche fährt mit Vollgas so schnell, wie es mit dem zusätzlichen Luftwirbelerzeuger im Schlepptau irgendwie geht
3. dabei versucht der Trabifahrer, den Porsche auf ein noch höheres Tempo anzuschieben 8O


c) Stilllegen der Abagsrückführung (AGR) bei TDIs
Die AGR ist bei Vollgas schon im Serienzustand geschlossen. Daraus folgt ganz einfach, daß eine ständig zwangs-geschlossene AGR keine Mehrleistung erzeugen kann! Andere Berichte sind entweder Blödsinn, oder eine ARG schließt wegen eines Defektes nicht mehr richtig: dann steigt die Leistung durch eine Stilllegung wieder auf die normale Höhe, aber es entsteht definitiv kein Leistungsgewinn über die Serienleistung hinaus.
Das einzige, was eine stillgelegte AGR für das Popometer bringen kann, ist ein etwas bissigeres Ansprechen beim Gasgeben aus geringer Motorlast, weil der die normale Wartezeit des Schließens der AGR wegfällt und sofort die volle Dieselmenge eingespritzt werden kann. Aber schon einen Wimpernschlag später bringt ein Motor mit aktiver AGR genau die gleiche Leistung wie bei stillgelegter AGR.
Im Laufe von -zig Tkm kann die AGR allerdings zu Öl-Ruß-Ablagerungen im Ansaugtrakt führen, die tatsächlich die Motorleistung verringern können. Daher könnte man das Stilllegen der AGR als eine Art Vorbeuge-Tuning zum Erhalt der vollen Motorleistung ansehen - das allerdings die Betriebserlaubnis erlöschen läßt!
Weiteres zur AGR unter
http://community.dieselschrauber.de/vie ... php?t=3095


Prüfstandsdiagramme, die eine angebliche Leistungssteigerung durch irgendwelche Tuning-Gimmicks (einschl. deutlicher Leistungsgewinne durch bloßes Chiptuning bei Saugmotoren) belegen sollen, können ruhig ignoriert werden.
Denn kaum etwas ist so leicht zu fälschen wie solche Leistungsschriebe, indem man nur den Prüfstand und /oder das gerade gemessene Fahrzeug "versehentlich" falsch bedient.
Näheres siehe hier:
http://forum.polo9n.info/motor-technik/ ... 58198.html
http://www.hs-elektronik.com/leistungspruefstand.html oder
http://www.tuneline.at/presse/detail.asp?start=34
Fahrzeuge: Polo 6R WRC  

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