Leistungsprüfstände: Präzisionsbetriebe oder Traumfabriken?

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ulf
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Leistungsprüfstände: Präzisionsbetriebe oder Traumfabriken?

Ungelesener Beitragvon ulf » 8. Dez 2012, 12:32

Letzte Änderung: 29.07.13

Hinweis zu den Bild-Links für Gastleser:
Das hier obligatorische jpg-Format für öffentlich sichtbare Bilder verschlechtert die Detail-Erkennbarkeit in Diagrammen. Nach einer Registrierung und Anmeldung können die meisten Diagramme im besser auflösenden gif-Format angesehen werden.
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Vorbemerkung:
Geräte zum Messen wichtiger Zahlen müssen in Deutschland geeicht sein: Zapfsäulen, Obstwaagen im Supermarkt usw. usw.
Erstellt z.B. ein Wohnungsvermieter Nebenkostenabrechnungen mit Ablesedaten von Wasserzählern, deren Eichfrist abgelaufen ist, dann muß er mit Geldbußen bis 10.000€ rechnen – siehe §19(1)3 und §25(1)1 Eichgesetz und Anhang B Nr. 6.1 der Eichordnung.
So entsteht eine weitgehende Sicherheit, dass Verbraucher auch nur soviel bezahlen, wie sie an Ware bekommen bzw. verbrauchen.

Wer bei den üblichen Rollenprüfständen für Fahrzeugmotoren eine staatliche Garantie für ähnlich genaue Messwerte erwartet wie bei sonstigen geeichten Geräten, könnte aber überrascht sein wenn er liest, daß im Rahmen einer Stichprobe einer Autozeitschrift rund 15% zuviel gemessen wurden.
Der Motor des geprüften Wagens hatte laut Werksmessung vor dem Einbau auf einem echten Motorprüfstand (die präziseste Meßmethode für Motoren) 375PS; zwei Rollenprüfstände bescheinigten genau diesem Motor im Fahrzeug 395PS bzw. 431PS. Das sind 5,3% bzw. 14,9% zuviel.
http://www.hs-elektronik.com/informatio ... gsmessung/
http://www.tuneline.at/presse/detail.asp?start=34

Muß nun wenigstens der Betreiber des +14,9%-Prüfstandes ebenfalls Angst vor Geldbußen haben? Nein, denn Rollen-Leistungsprüfstände für Motoren müssen nicht geeicht werden.
(Wers nicht glaubt, kann sich mal Eichgesetz und Eichordnung ergoogeln und darin nach (Motor)Leistungsprüfstand o.ä. suchen ;-) )

Das heißt: Selbst wenn der Fahrer z.B. eines 55PS-Polo (in Deutschland) eine Stange Geld für ein Prüfstandsprotokoll mit irrwitzigen Pmax-Daten wie 10PS oder 200PS bezahlt hat, kann er den Prüfstandsbetreiber nicht wegen falscher Messungen anzeigen!
Rein rechtlich gesehen kann ein Prüfstandsbetreiber seinen Kunden völlig beliebige Zahlen und Leistungskurven verkaufen.
Allerdings lässt sich mit bizarren Daten wie 10 oder 200PS für einen intakten 55PS-Wagen auf Dauer kaum Geld verdienen. Daher wird das Interesse der meisten Prüfstandsbetreiber im Bereich glaubhafterer Werte liegen, von denen sie sich gleichzeitig eine dauerhafte Förderung ihres Umsatzes erhoffen.

Die Umsätze von Prüfständen sind wie bei jedem Unternehmen von der Kundenzufriedenheit abhängig: je zufriedener die Kunden, umso eher verbreiten sie positive Mundpropaganda, die wiederum weitere Kunden bringt.
Frustrierte Kunden bewirken genau das Gegenteil. Daher liegt es im existenziellen Interesse jedes Geschäftsmanns, die Bedürfnisse, Erwartungen und (heimlichen) Hoffnungen seiner Kunden zu erkennen und soweit wie irgend möglich zu erfüllen, um den Anteil frustrierter Kunden zu minimieren.

Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen fährt also der Durchschnittskunde zu einem Leistungsprüfstand?
Die große Mehrheit wird
a) korrekte Messungen erwarten und
b) gleichzeitig insgeheim hoffen, dass das Protokoll die Katalogdaten des Herstellers bzw. die erfüllten Versprechungen seines Tuners zeigt, wobei es gerne auch ein bißchen mehr sein darf.

Ob ein Prüfstand korrekt misst, kann der Durchschnittskunde leider nicht kontrollieren. Seine Zufriedenheit mit dem Meßergebnis steht und fällt daher mit der Erfüllung seiner persönlichen Hoffnungen.
Erfüllt ein Protokoll die Hoffnungen des Kunden, so wird er es kaum hinsichtlich möglicher Meßfehler hinterfragen (falls doch, dann höchstens rhetorisch wie z.B. "Und die Messung stimmt wirklich, ja?"), es aber umso eher bei Freunden, Kollegen usw. herumzeigen, evtl. auch im Internet hochladen, und insgesamt am ehesten weitere Fahrer ermuntern, ihren Wagen auch mal messen zu lassen: die "Mission gute Mundpropaganda" ist zu 100% erfolgreich, besser geht’s nicht.

Folgerung für den Prüfstandsbetreiber: Den größten Zulauf an Kunden wird er haben, solange jeder ein Protokoll bekommt, das im glaubhaften Rahmen etwas mehr Drehmoment und Leistung ausweist als der Wagen laut Hersteller bzw. Tuner haben sollte.
Praktischerweise kommen tatsächlich viele Wagen mit etwas mehr Kraft aus dem Werk als auf dem Papier steht, u.a. um potentielle Reklamationen der Käufer wegen Leistungsmangel zu minimieren. Solange nur Kunden mit solchen Wagen zur Leistungsmessung kämen (und der Prüfstand nicht zu wenig misst), bräuchte sich kein Prüfstandsbetreiber Sorgen hinsichtlich optimaler Kundenzufriedenheit & Mundpropaganda zu machen.

Was aber ist mit den Wagen, die mit gerichtlich tolerierten Minderleistungen bis zu 5% gegenüber den Herstellerdaten auf den Prüfstand rollen, ohne dass der Kunde etwas davon ahnt?
Hier wird ein korrektes Prüfstandsprotokoll die üblichen Kundenhoffnungen auf angenehme Zahlen nicht erfüllen. Stattdessen könnte der Kunde den Prüfstandsbetreiber mit Fragen nach möglichen Meßfehlern nerven und wird voraussichtlich auch keine gute Mundpropaganda verbreiten.
Falls der Kunde gegenüber Dritten etwas über seine Fahrt zum Prüfstand erzählt, wäre das Thema Meßfehler natürlich schädlich für jeden Betrieb, dessen Dienstleistung im Messen irgendwelcher Größen oder Vorgänge liegt: die "Mission Mundpropaganda" endet in einem punktuellen Diseaster.

Noch problematischer können Prüfstandsprotokolle werden, die die Unfähigkeit eines Tuners zeigen, seine eigenen Leistungsversprechen zu erreichen, wie es z.B. öfters bei TDIs passiert - siehe unten Bild 8: Dann ist dem Prüfstandsbetreiber zumindest ein frustrierter Kunde sicher. Solange der Kunde sich nur mit seinem Tuner anlegt, könnte das dem Prüfstandsbetreiber eigentlich egal sein. Sobald aber der Tuner offiziell die Prüfstandsmessung anzweifelt (was die absehbare Reaktion des Tuners ist, denn "Lieber Kunde, Dein Prüfstands-Spezi hat Mist gemessen" belastet das Verhältnis zwischen Tuner und Kunden weniger als "Lieber Kunde, Du erzählst mir hier Mist"), bedeutet das für den Prüfstandsbetreiber eine Menge zusätzlicher unprofitabler Arbeit, um den Imageschaden für seinen Betrieb zu begrenzen.

Soll also der Prüfstandsbetreiber für die Fehler von Fahrzeugherstellern und Tunern büßen (solange nicht ausnahmeweise ein Kunde auf extra niedrige Messdaten hofft, um eine Reklamation wegen Leistungsmangels zu unterstützen)?
Bequemer und geschäftsfördernder wäre es, den Kunden mit nicht allzu schwachen Motoren ebenfalls Prüfstandsprotokolle mit angenehmen Leistungsdaten zu verkaufen, um auch sie in die "Mission gute Mundpropaganda" zu schicken.
Da es keinerlei gesetzliche Hindernisse für Schwindeleien auf der Rolle gibt, bleibt für "geschäftstüchtige" Prüfstandsbetreiber eigentlich nur noch die Frage, wie man denn die Messdaten nach oben verbiegen kann.
Tatsächlich gibt es dafür etliche Möglichkeiten.

Vor den Einzelheiten zum Mogeln erstmal eine kurze Erklärung des grundlegenden Meßprinzips der üblichen Leistungsprüfstände.

Phase 1: Die Prüfstandsrollen werden vom Fahrzeug mit Vollgas beschleunigt, bis die gewünschte End-Motordrehzahl erreicht ist.
Aus den Trägheitsmomenten der rotierenden Massen und der Drehzahlbeschleunigung berechnet der Prüfstand den Leistungsverlauf an den Rollen (= Radleistung, in den Diagrammen oft mit Prad abgekürzt) in der durchfahrenen Geschwindigkeitsspanne.
Bei neueren Prüfständen kann die ankommende Leistung auch über elektrische Wirbelstrombremsen "vernichtet" werden, deren Energiedurchsatz erfaßt und in Radleistung umgerechnet wird.
Ohne einen Blick auf die Innereien des Prüfstands lässt sich prinzipiell nicht unterscheiden, ob eine der üblichen Messungen mit kontinuierlich steigender Drehzahl nur gegen die Trägheit schwerer Prüfstandsrollen erfolgt, oder gegen (leichtere) Rollen plus Elektrobremse.

Unabhängig vom Meßprinzip gilt:
Bis die Motorkraft an die Prüfstandsrollen kommt, geht ein Teil in unvermeidbaren Verlusten im Getriebe, den Antriebswellengelenken, der Walkarbeit von Reifen und den Luftwirbeln rund um die rotierenden Teile verloren. D.h. der Motor gibt mehr Leistung ab, als an den Prüfstandsrollen ankommt.
Um diese Verluste annähernd zu erfassen, wird an die Beschleunigungsphase eine Ausrollmessung angehängt, und zwar
Phase 2: Der Fahrer geht vom Gas und tritt die Kupplung, so dass nun die besagten Verluste die rotierenden Prüfstands- und Fahrzeugmassen langsam abbremsen. Je nach Prüfstand können dabei die Wirbelstrombremsen weiter aktiv sein, oder abgeschaltet werden. Der gemessene Drehzahlabfall wird dann in die sogenannte Schleppleistung umgerechnet (die grünen Kurven in Bild 1, 4 und 9 weiter unten, gewöhnlich mit Pschlepp abgekürzt).

Die Addition der gemessenen Kurven von Rad- und Schleppleistung ergibt die Motorleistungskurve (gängige Abkürzung: Pmot). Dabei zeigt die waagerechte Achse (zunächst) die Geschwindigkeit an den Prüfstandsrollen.
Die Umschreibung der waagerechten Achse auf die Motordrehzahl erfolgt anhand der Relation rpm <-> km/h des gefahrenen Ganges.

Die Drehmomentkurve (gängige Abkürzungen: M, Mmot, oder auch Mkorr für Werte incl. Höhen- und Temperaturkorrektur, siehe weiter unten) wird per Division der Motorleistungskurve durch die Motordrehzahl und Verrechnung mit einem Anpassungsfaktor erzeugt.
Fehlt die Drehmomentkurve in Diagrammen, dann kann man sie je nach Leistungs-Einheit des Diagramms selbst mit folgenden Taschenformeln nachberechnen:
Nm = 9550 * kW / rpm
Nm = 7022 * PS / rpm

Wird die Motordrehzahl per OBD-Abgriff an den Prüfstand übermittelt, dann können die Drehzahldaten u.U. mit deutlicher Verspätung beim Prüfstand ankommen.
Bei den meist üblichen Messungen mit steigender Drehzahl verschieben solche Datenfehler nicht nur die Leistungskurve des Protokolls in Richtung niedrigerer Drehzahlen, sondern die gemessenen Momentanleistungsdaten werden auch durch zu niedrige Drehzahlen geteilt: so entstehen überhöhte Drehmomentdaten, ohne dass dafür eine absichtliche Eingabe erfolgt.


Nun zu den Möglichkeiten, Prüfstandsdaten gezielt anzuheben.

Schummelmethode 1: Die Berechnung der Normleistung
Saugmotoren verlieren mit zunehmender Umgebungstemperatur und Ortshöhe (= abnehmender Umgebungsdruck!) prinzipbedingt immer mehr an Leistung. Daher wird die gemessene Motorleistung über Normkorrekturfaktoren für Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck auf standardisierte, direkt vergleichbare Umgebungsbedingungen umgerechnet.
Das Ergebnis dieser Umrechnung sind die Normleistungsdaten nach der (überholten) DIN 70020 bzw. der EWG-Richtlinie 80/1269.
Nach DIN werden die Messdaten auf 20°C und 1013 mbar umgerechnet, nach EG auf 25°C und 990 mbar.
Folglich ergibt die DIN-Umrechnung höhere Normleistungen als die EG-Vorgaben, woraus schon die erste Schummelmöglichkeit entsteht: Erfüllt die berechnete EG-Normleistung nicht die Erwartung des Kunden, dann wird eben nach DIN umgerechnet, und schon stehen ca. 3% höhere Normdaten im Protokoll.

Für beide Umrechnungen gilt: Je höher die Umgebungstemperatur und je niedriger der Umgebungsdruck während der Messung gegenüber den Normwerten liegt, umso höher wird die Normleistung berechnet.
Auffällig hohe Umgebungstemperaturen und / oder niedrige Umgebungsdrücke zeigen daher meistens eine Schummelei. Stehen z.B. in einem Januar-Meßprotokoll aus Flensburg 50°C Umgebungstemperatur oder 930 mbar Umgebungsdruck (was einer Ortshöhe von ca. 650 Metern entspricht - oder einem Jahrhundert-Orkan auf Flensburger Ortshöhe, bei dem wohl kaum jemand an eine Prüfstandsmessung denken wird), dann sollten offenbar die Normleistungsdaten schöngerechnet werden, weil die gemessene Motorleistung zu mickrig ausfiel.

Aber selbst die scheinbar korrekte Anwendung positiver Normkorrekturfaktoren kann überhöhte Ergebnisse erzeugen, eben weil die Korrekturen primär für Saugmotoren gelten. Viele Turbomotoren halten aber ihre Leistung bis in mittlere Höhenlagen, nämlich solange der Ladedruck auf den gleichen Wert geregelt wird wie in Meereshöhe.
Wird so ein Turbomotor z.B. in 500 m Ortshöhe gemessen, dann erzeugt die DIN-Druckkorrektur für Meereshöhe einen Zuschlag von 6,3%. Allerdings hat der Motor in realer Meereshöhe kein einziges PS mehr (wegen unverändertem Ladedruck), und damit steht eine um 6,3% zu hohe Normleistung im Protokoll.
Z.B. die 96kW VAG-TDIs sind solche Motoren. Dieses Protokoll entstand auf dem Prüfstand eines Tuners:

Bild 1
Bild
Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130220

161,1PS gemessene Motorleistung sind ein guter Wert für einen gechippten ASZ, aber der Tuner verspricht sogar 170PS. Die sollten aus Sicht des Tuners natürlich auch im Protokoll stehen, selbst wenn die Motorhardware oder das eigene Software-Know-How nicht so viel hergibt.
Wie schafft man das?
Der Umgebungsdruck auf Ortshöhe dieses Prüfstandes liegt bei neutraler Wetterlage um 950 mbar. Das ergibt einen EWG-Normdruckfaktor von 990/950 = 1,042, und damit werden gemessene 161,1PS auf eine EWG-Normleistung von 167,9PS umgerechnet – leider noch keine 170PS.
Aber man kann ja nach DIN umrechnen, obwohl die EWG-Richtlinie 80/1269 bei der Messung bereits seit über 20 Jahren galt: Denn die DIN-Umrechnung (1013 / 950 mbar) pusht die hier gemessenen 161,1PS bei neutraler Wetterlage auf 171,8 DIN-Papier-PS.
Soweit so gut (für den Tuner), aber leider lag der Umgebungsdruck laut Protokoll bei 979 mbar: d.h. offenbar wurde während einer ausgeprägten Hochdruckwetterlage gemessen, und der DIN-Normzuschlag für diese Messung (1013 / 979 mbar) ergibt nur 166,7 DIN-PS.
Hätte der Tuner einfach einen passenden Umgebungsdruck wie z.B. 950mbar ins Protokoll geschrieben, um die Normleistung über die versprochenen 170PS zu heben, dann wäre diese Lüge ziemlich leicht per Nachfrage beim örtlichen Wetterdienst zu entlarven.
Aber es gibt ja noch die Temperatur (in der Prüfstandshalle, genauer im Ansaugbereich des Motors) als Normkorrekturgröße: Die ist erheblich schlechter recherchierbar als der Luftdruck und eignet sich daher besser, um unauffällig ein paar Fake-PS ins Diagramm zu zaubern.
Die 42°C laut Protokoll sind für Mitte März schon ziemlich erstaunlich, aber dank dieser Eingabe stehen 170,6PS als DIN-Normleistung im Protokoll, und das Tunerversprechen ist formal erfüllt.
Jahreszeitlich plausiblere 15°C (geschätzt für eine ungeheizte Prüfstandshalle auf Ansaughöhe des Motors) hätten zusammen mit den 979mbar laut Protokoll eine berechnete DIN-Normleistung von ca. 164PS ergeben.

Ein abschließender Blick in die OEM-Softwares der 96kW VAG-TDIs zeigt, dass bei 979 mbar Umgebungsdruck und 42°C LLT noch lange keine Leistungsreduzierung greift und ein (hardwareseitig intakter) Motor daher unter den Bedingungen des Meßprotokolls mit der vollen Leistung läuft, die er genauso auch unter Normbedingungen bringen würde. In den gängigen Tuningfiles wird das auch nicht geändert.
Demnach sind die 9,5PS Zuschlag in der Normleistung hier wohl völlig aus der Luft gegriffen, und das ehrliche Ergebnis dieser Messung müsste höchstwahrscheinlich 161,1PS lauten – rund 9PS unter dem Tunerversprechen.
Insgesamt könnte man vermuten, dass der Tuner die Ortshöhe seines Betriebes ausnutzt, um getunten Turbomotoren per (überholter DIN-)Normkorrektur möglichst hohe Leistungsdaten anzudichten, mit denen sich gut Kunden anlocken lassen.


Wer als Prüfstandsbetreiber solche Einblicke in das Entstehen der (Norm-)Meßwerte unterbinden will, verbannt einfach sämtliche potentiell verräterische Daten aus dem Kunden-Ausdruck, wie z.B. hier:

Bild 2
Bild
Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/129410

Um so ein weichgespültes Protokoll ohne jegliche Rahmendaten zu erzeugen, bräuchte der Wagen noch nicht einmal auf die Rolle, sondern man könnte gleich die gewollten (Phantasie-)Werte in das Datenblatt eingeben.

Fast eine eigene Nichtssage-Klasse bilden Protokolle wie das hier eines Ibiza Cupra TDI mit Serien-(blau) und Tuningsoftware (rot):

Bild 3
Bild
Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130221

Unter einem dicken Werbelogo werden die Meßkurven in unnötig viele, flachgequetschte Diagramme verteilt, deren grob gerasterte, kurze Hochachsen unter- und oberhalb der Meßkurven auch noch große Leerbereiche ohne jeglichen Informationsgehalt umfassen (z.B. im mittleren Diagramm der Bereich von 200 bis 300PS).
Dank dieser genialen grafischen Aufbereitung erzeugt schon die Strichdicke der Drehmomentkurve eine Ablese-Unsicherheit von ca. 5Nm. Sparsam eingestreute Hilfslinien im Abstand von 250Nm bzw. 100PS bestätigen den Eindruck, dass eine nähere Auswertung der Kurven gar nicht erwünscht ist.
So wird das angewiderte Auge genötigt, sich an die spärlichen Eckdaten in Zahlen- und Textform zu klammern, die aber dank fehlender Drehzahldaten noch weniger Aussagekraft haben als die plattgestauchten, freischwebenden Kurven.
Eine detailliertere Deutung dieses Protokolls folgt weiter unten.


Schummelmethode 2: Die Bedienung des Fahrzeuges auf dem Prüfstand
Bei korrekter Messung fällt die Motordrehzahl nach dem Auskuppeln schnell in Richtung Leerlauf ab, und das Summen von Reifen und Rollen wird langsam tiefer.
Hört man dagegen während eines Prüfstandslaufes, daß die Motordrehzahl nach dem Maximum ähnlich langsam abfällt wie sie vorher angestiegen ist, dann hat der Prüfstandsfahrer für die Schleppphase nicht ausgekuppelt.
Folge: Neben den bekannten Kraftstrangverlusten wirken zusätzlich die mechanischen Verluste des Motors auf die Prüfstandsrollen. Die verlieren schneller an Drehzahl, es wird eine überhöhte falsche Schleppleistung berechnet, und die Addition mit der gemessenen Radleistung ergibt eine entsprechend überhöhte Motorleistungskurve.
Das theoretische Potential dieses Tricks zeigen vergleichende Ausrollmessungen auf der Straße (eingekuppelt / ausgekuppelt): aus denen lassen sich Motor-Bremsleistungen z.B. von 1,9l-TDIs bis ca. 25PS bei 4000 rpm berechnen! Bei Benzinern, deren Drosselklappe im Schubbetrieb geschlossen ist, kommen in der Polo-Klasse je nach Hubraum und Drehzahl nochmal bis ca. 10PS an Pumparbeit dazu.
Allerdings erhöht der Nicht-Auskuppeltrick die Leistungsmessung nicht automatisch um die vollen Motorverluste, sondern die Hintergründe sind etwas komplizierter. Denn bei einer nicht ausgekuppelten Schleppleistungsmessung erhöht sich auch die drehende Gesamtmasse um die Trägheitsmomente des Motors samt Schwungrad: das kann je nach gefahrenem Gang z.B. beim 1,9l TDI wie eine Zusatzmasse zwischen ca. 11 und 400kg am Umfang der Prüfstandsrollen wirken.
So entsteht ein Gegenspielerpaar: die Motorverluste verstärken das Abbremsen der Schwungmassen, aber die höheren Gesamtschwungmassen verzögern ihren eigenen Drehzahlverlust.
Letzteres kann der Prüfstand nicht erfassen und berechnet daher die Schleppleistungskurve ohne die zusätzlichen Motorschwungmassen. Insgesamt sind die Effekte der Motorschwungmassen im höchsten Gang am niedrigsten, und daher ist die Gesamtwirkung des Nicht-Auskuppeltricks auf die berechnete Schlepp- und Motorleistung am höchsten. Je niedriger der gefahrene Gang, umso weniger wird der Nicht-Auskuppel-Trick die gemessene Motorleistung hochfaken.
Das ist praktisch beim Mogeln, weil der Meßfehler oft per Wahl eines passenden Ganges so dosiert werden kann, dass keine verdächtig hohen Schlepp- und Motorleistungen berechnet werden.

Reicht die Wirkung des Nicht-Auskuppeltricks nicht aus, um die gewünschten Drehmoment- und Leistungsdaten unauffällig ins Prüfstandsprotokoll zu faken, dann können beim Übergang in die Ausrollphase auch noch motor-gespeiste Energiefresser eingeschaltet werden: z.B. die Klimaanlage auf voller Leistung, Heckscheibenheizung, Lüftungsgebläse usw. Deren Energieverbrauch wird dann in der Ausrollphase ebenfalls von den Schwungmassen gespeist, die werden nochmals schneller abgebremst, und die berechnete Schleppleistung steigt abermals höher. So können durchaus weitere 10 Lügen-PS oder noch mehr erzeugt werden (und zwar ohne eigenen Schwungmassen-Abzug, weil sich dabei die rotierenden Gesamtmassen nicht ändern), siehe -9n-heizung-klima-belueftungsystem-f104 ... ml#p669364

Insgesamt eröffnet die Schleppleistungsmessung also recht kräftige Schummelmöglichkeiten, und das sogar ohne besonderes Entdeckungsrisiko: Denn je nach Prüfstand, durchfahrenem Geschwindigkeitsbereich, Breit- oder Spritsparreifen, Reifendruck, Zustand und Temperatur des Getriebeöls, Lagerreibung im Getriebe usw. variiert die Schleppleistung auch ohne Schummeleien so stark, dass keine klaren Grenzen zwischen korrekten und gefakten Messungen definiert werden können.
Z.B. die ca. 26kW = 35PS im Pmax-Bereich aus Bild 1 sind für einen Prüfstand mit aktiver Elektrobremse nicht ungewöhnlich hoch.
Daher ist der Nicht-Auskuppeltrick grundsätzlich nur in Diagrammvergleichen wie diesem hier erkennbar:

Bild 4
Bild
Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130196

Hier führt die höhere Tuning-Schleppleistungskurve zu einer Anhebung der berechneten Tuningleistung von ca. 4 PS.
4PS Differenz bei einem 130PS-Basismotor wirken erstmal wie eine Kleinigkeit. Betrachtet man aber den Tuning-Erfolg (zu sehen in der Pmax-Differenz von ca. 22kW = 30PS, lila Kurven), dann steigt das Ergebnis, für das der Kunde letztlich bezahlt, mit der höheren Schleppleistung immerhin um rund 15%.

Da aber keine Zeitspanne zwischen den Messungen erkennbar ist, sind auch andere Ursachen als eine absichtliche Mogelei denkbar, z.B. unterschiedliche Reifen- bzw. Getriebeöltemperaturen: Serienmessung nach langer Anfahrt zum Tuner mit durchgewärmtem Getriebe und Reifen, Tuningmessung nach etlichen Stunden Standzeit und kurzem Warmfahren des Motors, die das Getriebe und die Reifen nur minimal anwärmt.
Ein nahezu perfektes Serie-Tuning-Meßpaar hinsichtlich der Schleppleistung ist weiter unten in Bild 9 zu sehen.

Ohne Beobachtung der Messung und ohne jegliche Schleppleistungsdaten im Protokoll sind Schummeleien in der Fahrzeugbedienung nicht zu erkennen. Z.B. die Daten im Bild 2 könnten ohne weiteres mit einer Ausroll-Lügenmessung entstanden sein, falls die Tuningsoftware so schlecht wäre, dass der Kraftgewinn viel zu gering ausfällt.



Schummelmethode 3: Prüfstandskalibrierung, Schwungmassendaten und andere Kleinigkeiten
Die Perfektion der Schummelei ist erreicht, wenn ein gefaktes Prüfstandsprotokoll alle Daten und Kurven enthält in denen sich Lügen üblicherweise zeigen, aber weder irgendwelche Lügen erkennbar sind, noch beim Ausrollen geschummelt wurde.
Dazu muß die Prüfstandskalibrierung an Stellen manipuliert werden, die nicht in den üblichen Kundendiagrammen erkennbar sind. Auch dafür gibt es mehrere Ansätze, z.B.:

a) Die Trägheitsmomente der drehenden Fahrzeugmassen (Reifen, Felgen, Antriebswellen, Getrieberäder, bewegte Motorteile incl. Kupplung und Schwungsrad) variieren stark je nach Felgen- und Reifengröße sowie der Übersetzung des gefahrenen Ganges, und während der Messung werden sie rechnerisch zu einem Teil der Gesamtschwungmasse.
Werden die drehenden Fahrzeugmassen in der Berechnung der Motorleistung nicht berücksichtigt, dann liegt das Ergebnis tendenziell zu niedrig – besonders in niedrigen Gängen, wo alleine der Motor mit Schwungrad wie eine zusätzlich beschleunigte Masse von mehreren 100kg wirken kann, siehe oben.
Für realistische Messwerte müssen daher die Schwungmassendaten in der Berechnung der Motorleistung variabel sein.

b) Die lastabhängigen Kraftstrangverluste des Fahrzeuges sind bei Vollgas höher als in der Ausrollphase, weil die unter voller Last reibenden Lager und Zahnflanken trotz Schmierung mehr Energie verbrauchen als bei einem im Schub rollenden Fahrzeug. Daher liegt die gemessene Schleppleistung unter den tatsächlichen Verlusten während der Vollgasphase. Um hier keine berechnete Leistung zu verschenken, muß die gemessene Schleppleistung auf einen Vollgaswert hochgerechnet werden.

Insgesamt bilden fahrzeugseitige Schwungmassen und Vollgas-Kraftstrangverluste also 2 Nebengrößen mit deutlicher Wirkung auf die berechneten Ergebnisse einer Messung. Da sie im Rahmen eines Prüfstandslaufs nicht mit vertretbarem Aufwand gemessen werden können, müssen sie als Schätzungen in die berechnete Motorleistung eingehen.
Das ist praktisch, denn Schätzungen können natürlich danebengehen, ohne dass man dem Schätzer einen wirklichen Vorwurf machen könnte.
Überhöhte Schätzungen für die Vollgas-Kraftstrangverluste wirken prinzipiell ähnlich wie der oben beschriebene Nicht-Auskuppel-Trick in der Ausrollphase.
Zu hoch geschätzte Schwungmassendaten heben die Berechnungen für Rad- und Schleppleistung an, d.h. die Motorleistungskurve als Addition beider Kurven wird gleich doppelt hochgeschossen.

Wenn die Eingabe bzw. Änderung von Vollgas-Kraftstrangverlusten und Schwungmassendaten für den Prüfstandsbediener leicht möglich ist, hat er also schon 2 Stellschrauben, um den Prüfstand vor jeder Messung so zu justieren, dass die Ergebnisse voraussichtlich eine hohe Kundenzufriedenheit erzeugen und keinerlei verräterische Spuren in den üblichen Protokolldaten entstehen.
Wieviel er am besten draufschlägt, ließe sich bei entsprechendem Erfahrungsschatz unauffällig aus einem freundlichen Vorgespräch ableiten: Dürfte ich wissen warum Sie zu uns kommen, ist der Wagen getunt, wenn ja von wem usw.

Anstelle solcher und ähnlicher Einzel-Tricksereien können auch feste Grinsezuschläge in die Grundkalibrierung des Prüfstandes eingebaut werden. Die Grundkalibrierung erfolgt normalerweise seitens des Herstellers beim Aufbau des Prüfstandes, um die Meßergebnisse in die üblichen Toleranzfelder zu bringen (meist +/-2% bis +/-5% je nach Prüfstandstyp).
Z.B. +5% pauschaler Grinsezuschlag verschiebt das Toleranzfeld eines Prüfstandes mit regulären +/-2% in Richtung +3%...+7%.
Damit lägen die Prüfstandsprotokolle der meisten Wagen mit werksseitigem Leistungsmangel bereits im umsatzfördernden Kunden-Grinsebereich.
Nötige Nachbesserungen der Daten, um auch besonders schwache Motoren in den Grinsebereich zu bringen, würden entsprechend unauffälliger: Z.B. im Protokoll des o.g. getunten ASZ stünde bei 5% Grinsezuschlag als "gemessene Motorleistung" schon 169,1 statt 161,1PS, und als Umgebungstemperatur würden unverdächtige 23°C ausreichen, um die DIN-Normleistung über das Tunerversprechen von 170PS zu heben.
In den Protokollen von Wagen mit z.B. 5% Leistungsplus ab Werk stünden bei 5% Prüfstands-Grinsezuschlag zwar ca. 10% zu hohe Daten, aber die allermeisten Kunden nehmen positive Überraschungen viel bereitwilliger auf als negative Überraschungen, solange die Daten noch im halbwegs glaubhaften Rahmen bleiben. Aus dieser Richtung wäre also kaum schlechte Mundpropaganda zu erwarten.


Nachdem nun die wichtigsten Schummeltricks bekannt sind, liefert die Serien- und Tuningmessung des Ibiza Cupra TDI aus dem Bild 3 interessante Informationen.
Packt man die Kurven für Rad- und Motorleistung (bei einem DIN-Korrekturfaktor von 0,99 beider Messungen sind gemessene und korrigierte Kurven praktisch identisch) in ein gemeinsames Diagramm mit zusätzlichen Hilfslinien, beschneidet das Bild auf die interessanten Bereiche und streckt es in ein betrachterfreundliches Format, dann kommt folgendes heraus:

Bild 5
Bild
Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130222

Plötzlich erkennt man durchgängig große Schleppleistungs-Unterschiede zwischen Serien- und Tuningmessung (grüne Einträge), die sich im Originalprotokoll unauffällig in zwei rechnerischen Differenzen zwischen "Max Leistung" und "Max Leistung-Kupplung" verstecken.
Schleppleistungsdifferenzen in Größenordnungen um ca. 50% beweisen klar, dass Serien- und Tuningmessung dieses Wagens nicht unter gleichen Bedingungen gefahren wurden. Damit ist jeglicher Anspruch des Protokolls im Sinne eines objektiven Serie-Tuning-Vergleichs bereits widerlegt, und eigentlich lohnt es sich gar nicht, weiter darüber nachzudenken.

Dennoch erscheint es technisch interessant, nach Erklärungen zu suchen.
Geht man vom Nicht-Auskuppel-Trick bei der Serienmessung aus, dann führt das in eine gedankliche Sackgasse.
Wir erinnern uns: eine höhere Schleppleistungskurve des gleichen Wagens ist ein Hinweis auf hochgefakte Motorleistungsdaten.
Hier müsste dann aber bei der Serienleistung geschummelt worden sein, die Tuningleistung wurde womöglich korrekt messen, und der Tuning-Erfolg (als Differenz beider Messungen) wird verkleinert dargestellt? Das macht kaum Sinn.

Ein anderer Erklärungsansatz für die Schleppleistungsdifferenzen liegt in der Gangwahl: Niedrigere Gänge enden in niedrigeren Endgeschwindigkeiten und ergeben daher tendenziell niedrigere Schleppleistungskurven.
In aussagekräftigen Protokollen (wie Bild 1, 4 oder 9 weiter unten) wären verschiedene Gänge direkt als unterschiedliche Drehzahl / Geschwindigkeitsverhältnisse erkennbar, aber das Dynojet-Blatt gibt keinerlei Drehzahl- und Geschwindigkeitsdaten in Klartextform her und vernebelt so nochmals die Deutung der Ergebnisse.
Die Tuningmessung des Cupra TDI wurde daher eventuell in einem niedrigeren Gang gefahren als die Serienmessung: das macht Sinn, weil man dann sogar mit dem Nicht-Auskuppeltrick arbeiten kann, ohne dass die Tuning-Schleppleistung zwangsläufig verräterisch über die Serien-Schleppleistung steigt.

Zur Klärung der Gangwahl-Frage kann man die Schleppleistungsverläufe von Bild 5 anhand der rpm -> km/h Übersetzungen des Ibiza Cupra TDI-Getriebes und der Reifengröße auf die Geschwindigkeiten aller Gänge umrechnen. Die Taschenformel dazu: N = PS / km/h * 2647.
Nimmt man für die Serienmessung den 4. Gang an und für die Tuningmessung den 3. Gang, dann fügen sich die berechneten Schleppkraftkurven ("BPX Dynojet…") am plausibelsten in eine Auswahl ähnlicher Messungen ein:

Bild 6
Bild
Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130223

Hier fällt sofort der Bremskraft-Sprung der Dynojet-Tuningmessung von ca. 50N zwischen 2500 und 2750 rpm ins Auge. Zudem ist der Sprung ähnlich hoch wie der durchgängige Unterschied der beiden ASZ-Messungen (grüne Kurven): das verstärkt den Verdacht, dass die Tuningmessung des Cupra TDI im oberen Drehzahlbereich mit dem Nicht-Auskuppeltrick gefahren wurde.
Der besondere Nutzwert dieses Tricks wäre, daß die Leistungskurve genau dort angehoben wird, wo speziell beim Cupra TDI mit bloßen Chiptuning nur relativ wenig an Leistungsgewinn zu holen ist, weil die Hardware schon mit der OEM-Software ziemlich weit ausgereizt ist. 50N mehr Bremskraft bei der Schleppleistungsmessung erhöhen die berechnete Pmot bei 100 km/h immerhin um rund 2 PS.
Der ähnlich hohe Ausreißer des obersten Serienwertes dürfte dagegen von einem etwas verspäteten Treten der Kupplung kommen.


Fakt ist und bleibt: für unterschiedliche Gänge in einem Meßpaar Serie – Chiptuning gibt es keine zwingenden Gründe.
Selbst wenn bei der Tuningmessung überraschenderweise die Reifen auf den Rollen durchdrehen, könnte man z.B. im nächst höheren Gang messen, und für einen seriösen Vergleich eine Serienmessung im gleichen Gang nachholen.
Die Vermutung, dass auch hier ein Tuner einen selbst gechippten Wagen "vorher" und "nachher" gemessen hat und die Zahlen für den Tuning-Erfolg im glaubhaften Rahmen hochpushen wollte, drängt sich schon irgendwie auf . . .



Nun noch 2 Beispiele von Prüfstandsmessungen, bei denen ein Mogelverdacht erst im Zusammenhang mit weiteren Daten des Fahrzeuges aufkommt.

Von diesem gechippten 130PS PD-TDI gibt es eine Nachher-Messung auf einem neutralen Prüfstand (der Tuner verspricht mit dieser Software 168PS) und Logdaten mit der Tuningsoftware.
Das Prüfstandsprotokoll zeigt innerhalb der etwas spärlichen Daten keine deutlichen Hinweise auf Schummeleien:

Bild 7
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Das Diagramm ergibt zusammen mit dem Tunerversprechen von 168PS ein rundum stammtischreifes Gesamtbild: Der Prüfstand misst sogar 6PS mehr als der Tuner angibt, und diese Differenz kann wahlweise als "Boah, der Tuner kann aber was" gedeutet werden, oder als positive Streuung des Motors ab Werk, oder als Summe aus beidem.
Daher sind alle Beteiligten zufrieden: der Tuner über die neutrale Bestätigung seiner Künste, der Prüfstandsbetreiber in Erwartung guter Mundpropaganda eines glücklichen Kunden, und der Kunde über die Bestätigung, mit seiner Tunerwahl richtig gelegen zu haben.

Man traut sich kaum, in diese heile Zahlenwelt einzubrechen, indem man über den Ansatz "Kraft kommt von Kraftstoff"
:arrow: die 130PS-Seriensoftware
:arrow: die Software eines 150PS-Werksmotors mit gleicher Einspritzhardware, und
:arrow: 4 Vollgas-Logfahrten des gechippten Wagens
hinsichtlich Förderdauer und –beginn miteinander vergleicht.
Die Förderdauer beim PD-TDI liefert direkte Hinweise auf die Einspritzmenge und ermöglicht es daher, die Leistungskurve einer Tuningsoftware grob einzuschätzen. So zeigt sich, inwieweit ein Tuner seine Versprechen zum Leistungsgewinn überhaupt annähernd erfüllt haben kann.
Die Logfahrten fanden bei ca. 1011 mbar Ortsdruck und ca. 18°C Außentemperatur statt – also ähnliche Bedingungen wie beim Prüfstandslauf, unter denen keine Leistungsreduzierung seitens der Motorsoftware zu erwarten ist.
Die Förderdauerverläufe im oberen Diagramm zeigen die relativen Verhältnisse der Einspritzmengen: Durchgezogene Linien sind Berechnungen auf Grundlage bekannter Motorsoftwares, Punkte sind die gesammelten Logdaten des Polo mit angeblichen 174PS. Das untere Diagramm wird später betrachtet.

Bild 8
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Für den vom Tuner suggerierten Pmax-Gewinn von 38PS (Serie = 130PS, Tuning = 168PS) müssten die roten Punkte der Tuninglogdaten ähnlich weit oberhalb der gelben 150PS-Serien-Linie verlaufen, wie die gelbe Linie oberhalb der grünen 130PS-Serien-Linie verläuft.
Zwischen ca. 2800 und 3700rpm sieht das auch ganz toll aus, nur wird hier noch nicht die Pmax erreicht. Steigt die Drehzahl weiter in Richtung 4000 rpm, dann nähern sich die roten Punkte zügig dem 150PS-Werksmotor an, und daher kann die Tuning-Pmax auch nur nahe bei 150PS +/-Serienstreuung liegen.
Anhand der Drehzahl der max. Förderdauer beim gechippten Motor kommt man hier im Vergleich mit den Werksversionen auf eine Tuning-Pmax von ca. 147PS +/-Serienstreuung bei ~ 3800 rpm.
(Weitere Infos zur Bedeutung von Förderdauerdaten siehe unter http://community.dieselschrauber.de/vie ... hp?t=26646 )

Allerdings könnten ja beide Werksmotoren so deutlich nach oben streuen, dass die gemessenen 174PS des gechippten Wagens womöglich doch stimmen?
Das ist ziemlich unwahrscheinlich, denn der Pmax-Gewinn von ca. 17PS laut Förderdauer-Logdaten ist in diesem Beispiel die verlässlichste Größe.
Würden die gemessenen 174PS des gechippten Motors stimmen, dann müsste er mit der Seriensoftware ca. 174 – 17 = 157PS statt 130PS haben, aber eine Werks-Pmax von rund 21% über den Herstellerdaten ist dann doch ziemlich unglaubwürdig.

Glaubwürdigere Motordaten bekommt man über einen anderen Berechnungsansatz: Die Logdaten stammen aus 4 Vollgasbeschleunigungen in beide Richtungen einer ebenen Strecke bei wenig Wind. Daher lässt sich aus dem Drehzahlanstieg zusammen mit dem Wagengewicht incl. Insassen und Beladung, der Gesamtübersetzung rpm -> km/h und weiteren Rahmenbedingungen wie Luft- und Rollwiderstand usw. der ungefähre Drehmoment- und Leistungsverlauf berechnen, der für die geloggten Beschleunigungen benötigt wird.
Diese Berechnung ohne jegliche Normkorrekturen und Grinsezuschläge ergibt das untere Diagramm im Bild 8.
Zieht man von der Pmax dort (158PS als Mittelwert aller Logs) den Tuning-Erfolg laut Förderdauervergleich ab (ca. 17PS, wie oben erläutert), dann ergibt sich als theoretische Serienleistung 158 – 17 = 141PS bzw. 8,5% über den Herstellerdaten. Das liegt erheblich näher an dem Standard-Toleranzbereich von +/-5% und ist daher entsprechend glaubhafter als eine Annahme von 21% Mehrleistung ab Werk.

Bei genauer Betrachtung der Prüfstands-Drehmomentkurve im Bild 7 fällt auch das 330Nm-Plateau zwischen 3400 und 3600 rpm auf. Das ist für einen TDI bemerkenswert, weil der Motorwirkungsgrad physikalisch bedingt zu hohen Drehzahlen hin absinkt, d.h. selbst bei konstanter Einspritzmenge müsste das Drehmoment in diesem Drehzahlbereich abfallen. Um das Drehmoment konstant zu halten (wie im Diagramm zu sehen), müsste die Einspritzmenge mit steigender Drehzahl daher erhöht werden. Das wiederum würde sich im Verlauf der Förderdauer zeigen (die aufgrund hydrodynamischer Effekte schon bei konstanter Einspritzmenge mit steigender Drehzahl immer länger wird), und zwar als markant steiler Förderdauer-Anstieg während des Drehmomentplateaus.
Im geloggten Förderdauerverlauf (Bild 8 oben, rote Punkte) ist aber nichts derartiges erkennbar. Dazu passend fällt die aus den Straßen-Beschleunigungen berechnete Drehmomentkurve (Bild 8 unten, lila Linie) zwischen 3400 und 3600 rpm ohne Plateau gleichmäßig ab. Alles zusammen führt zu der Vermutung, dass auch hier die Schleppleistungsmessung oberhalb ca. 3400 rpm mit dem Nicht-Auskuppeltrick gefahren wurde, um – ähnlich wie beim Cupra TDI aus Bild 3 und 5 – gezielt den Pmax-Bereich anzuheben.

Warum aber passen Tunerversprechen und Prüfstandsprotokoll hier so gut zusammen, dass viele Fahrer nur schwer von dem Glauben an diese angenehmen Zahlen (siehe oben: erfüllte Hoffnungen) abzubringen wären?
Womöglich haben beide im Ergebnis ähnlich kräftig nach oben geschummelt: der Tuner, um zahlengeile Kunden mit wenig Wissen über die tatsächlichen Tuningreserven des Motors anzulocken, und der Prüfstandsbetreiber zwecks Erfüllung der "Mission Mundpropaganda" bzw. um Ärger mit dem Chiptuner zu vermeiden, wenn weniger gemessen wird als der seinem Kunden versprochen hat.


Wer nun denkt, dass Prüfstände meistens zuviel messen und ausnahmsweise auch mal richtig, der hat noch nicht alles gesehen.
Hier wurde ein anderer 96kW-BLT TDI mit umschaltbarer Software (die dem Verfasser bekannt ist) einmal mit der Tuningleistung und unmittelbar danach mit der Serienleistung gemessen. Im folgenden Bild sind die Serien- und Tuningdaten aus ursprünglich 2 Diagrammen zusammenkopiert:

Bild 9
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Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130225

Die Messung der Serien-Pmax mit 141,8PS bestätigt die aus Bild 8 berechnete Serien-Pmax des typgleichen Wagens (158 – 17 = 141PS) und zeigt, dass die Hardware des hier gemessenen Wagens intakt sein dürfte, und daß der Prüfstandsbediener offenbar fähig ist, realistische Werte zu messen.
Die Schleppleistungskurven verlaufen unterhalb 4300 rpm perfekt deckungsgleich. Die um ca. 3,5PS höhere Serien-Schleppleistung bei 4800 rpm könnte wieder von einem verspäteten Auskuppeln kommen: die Differenz passt jedenfalls recht gut zum Bild 4, wo ebenfalls ein 1,9l PD-TDI gemessen wurde.

Um das Können eines Tuners einzustufen, liegt es nahe, den Kraftgewinn als Differenz beider Messungen zu betrachten. Das ergibt hier
- beim Drehmoment: im Mittel ca. 20 Nm Gewinn zwischen 2000 und 3000rpm
- bei der Pmax: 154,4 - 141,8 = 12,6PS, also noch ein gutes Stück magerer als die ca. 17PS des zuletzt betrachteten Wagens.
Die übereinstimmenden Rahmendaten unter den Diagrammen zeigen keinerlei Hinweise auf irgendwelche Mogeleien.
Ergänzt man das schon bekannte Förderdauerdiagramm mit den berechneten Daten aus der Tuningsoftware dieses Wagens, dann sieht das so aus:

Bild 10
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Bild-Link für Gastleser: http://www.polo9n.info/Foto/pruefstand-ulf/130227

Der blaue Förderdauerverlauf des Tuners B zeigt im Bereich um 4000 rpm eine Mehr-Einspritzmenge für ca. 5PS über der gelben 150PS-Kurve: das wären ca. +25PS als Pmax-Gewinn, und als Drehmomentgewinn (zwischen 2000 und 3000rpm) wären überschlägig +40Nm zu erwarten. In der Tuningsoftware ist genug Ladedruck zur akzeptabel-rußarmen Verbrennung der Mehr-Einspritzmenge programmiert.
Gemessen wurde aber nur rund die Hälfte der erwarteten Gewinns, nämlich die besagten +20Nm bzw. +12,6PS.
Wie kann das sein?
Eine mögliche Erklärung liegt im Betreiber des Prüfstandes: der ist ebenfalls ein Tuner, aber nicht der, von dem die gemessene Tuningsoftware stammt. Folglich hat hier ein Tuner die Leistung eines Wagens gemessen, den ein Konkurrent abgestimmt hat. Das Praktische an solchen Meßaufträgen: Bei enttäuschend niedrigen Ergebnissen kann man dem Prüfstandskunden natürlich hilfsbereit eine "richtige" Abstimmung aus dem eigenen Haus anbieten.
Geht der Kunde auf das Angebot ein, dann kann der Prüfstands-Tuner sogar mit einer guten Begründung ("Datensicherung der mitgebrachten Kundensoftware") das Tuningfile des Konkurrenten auslesen, und das ist für einen Tuner eigentlich immer interessant. Nach einem Blick darauf wird dem Kunden gewöhnlich erklärt, was der Konkurrent alles falsch programmiert habe – auch wenn die mitgebrachte Software real besser ist als das, was man dem Kunden selbst anzubieten hat. Denn 99% der Chiptuningkunden haben selbst zu wenig Fachwissen um zu erkennen, wann sie Mist erzählt bekommen.
Daß der Tuner-Prüfstand bei einer Leistungsmessung der eigenen Tuningsoftware anschießend deutlich bessere Daten ausspuckt, als mit der mitgebrachten Konkurrenz-Software gemessen wurden, dürfte wohl niemanden mehr überraschen.
Eine starke Motivation zum Herunterfaken von Tuning-Meßdaten liegt also auf der Hand, sobald ein Tuner einen Wagen auf die Rolle nimmt, dessen Abstimmung weder im eigenen Haus noch bei befreundeten Kollegen erfolgte.

Bleibt die Frage, welche konkreten technischen Ursachen für die niedrige Tuning-Messung im o.a. Beispiel denkbar sind.
Vielleicht bekam der LLK bei der Tuningmessung nicht genug Kühlluft, so dass der softwareseitige Überhitzungsschutz aktiv wurde und die Leistung drosselte.
Oder in der Beschleunigungsphase waren starke Leistungsfresser eingeschaltet, z.B. Klimaanlage, Heckscheibenheizung, Lüftungsgebläse o.ä.: was die an Leistung verbrauchen, kommt gar nicht erst beim Prüfstand an, siehe -9n-heizung-klima-belueftungsystem-f104 ... ml#p669364
Oder eine Fußmatte hatte sich unter das Gaspedal verirrt und wurde erst für die Serienmessung weggeräumt.
Oder die Aussicht auf 2 Prüfstandsläufe innerhalb von 5 Minuten verursachte einen spontanen Schwächeanfall im Gasfuß des Testfahrers: der Drehmomenteinbruch um 3200 rpm kann eigentlich nur von einem teilweisen Loslassen des Pedals kommen, weil die gefahrene Tuningsoftware bei durchgehend 100% Vollgas keine andere griffige Erklärung für den Einbruch liefert.
Nicht zu vergessen: Je nachdem welche Grinse-Stellschrauben der Prüfstand bietet, könnten die natürlich auch mal (ausnahmsweise) nach unten verdreht worden sein.
Die genauen Hintergründe der niedrigen Tuning-Meßdaten werden hier unklar bleiben, sind aber ohnehin nicht so wichtig. Wichtiger ist die grundlegende Erkenntnis, dass Leistungsprüfstände offenbar recht zuverlässig Daten liefern können, die im speziellen momentanen Interesse des Bedieners liegen – egal ob gerade korrekte, (zu) hohe oder niedrige Meßwerte nützlich sind.



Fazit:
Die geschäftsfördernden Wirkungen von passend hingebogenen Prüfstandsdaten sind vielfältig, Möglichkeiten dafür gibt es reichlich, und da keinerlei staatliche Strafen zu erwarten sind, ist die Verlockung für Prüfstandsbetreiber groß. Entsprechend häufig dürften unwissende Prüfstandskunden Daten mit Grinsezuschlägen (oder Abschlägen bei Wagen, die ein Tunerkonkurrent abgestimmt hat) bekommen.
Die oben verlinkte Stichprobe der Autozeitschrift umfasste zwar nur 2 Tests mit einem ungetunten Wagen, aber sie ergab 100% Trefferquote in Richtung Grinsezuschläge, und 15% überhöhte Pmax-Daten sind wahrscheinlich noch lange nicht das obere Limit möglicher Schummeleien bzw. Fehlmessungen.

Die hier gezeigten Beispiele offensichtlicher und eventueller Fakes können nicht das gesamte Spektrum von (versehentlichen oder absichtlichen) Fehlmessungen abdecken: dafür sind die Softwarestrukturen und Rechenwege der ungezählten Prüfstandsmodelle in ihrer Gesamtheit viel zu komplex.

Aus alledem folgt aber nicht, dass man auf Rollenprüfständen immer gefakte Leistungsdaten bekommt.
Denn das Meßprinzip ist durchaus geeignet, die Leistung eines PKW-Motors im Rahmen der offiziellen Prüfstandstoleranzen genau zu ermitteln - sofern eben die Prüfstandskalibrierung stimmt, und die Bediener von Prüfstand und Fahrzeug keine Fehler machen.
Solange einem Prüfstandsbetreiber die Wahrheit seiner Meßdaten wichtiger ist als ein hoher Umsatz, oder ein Prüfstand ohne Gewinnabsicht betrieben wird, bestehen gute Chancen, dort ein korrektes Prüfstandsprotokoll zu bekommen.
Das kundenseitige Problem liegt freilich im Erkennen solcher Betriebe, weil man kaum Schilder wie "Hier wird nicht geschummelt" finden wird. Denn darin könnte sich die Konkurrenz indirekt als Schummler bezeichnet sehen und (egal ob es stimmt oder nicht) mit teuren Abmahnungen etc. reagieren.

Wer als Kunde von einem ihm unbekannten Prüfstandsbetreiber eine möglichst realistische Messung haben möchte, sollte daher vorab überlegen, welche Meßfehler dem Prüfstandsbetreiber am nützlichsten sein könnten: Grinsezuschlag für zufriedene Kunden, oder abwärts-gefakte Leistungsdaten, um z.B. einen Tunerkonkurrenten als unfähig hinzustellen?
Je lukrativer Fakes für den angepeilten Prüfstandsbetreiber sein könnten (z.B. für einen Chiptuner, der einen Kunden mit überhöhten Nachher-Meßdaten nach Hause schickt und über die Mundpropaganda zusätzliche Interessenten erhofft) umso wachsamer sollte man sein, bzw. die Leistungsmessung(en) evtl. woanders beauftragen.

Gegen Grinsezuschläge unabhängig von einem Tuning kann es helfen, das eigene Wissen in dieser Richtung darzustellen und zu betonen, dass man auch Ergebnisse unterhalb der Hersteller- bzw. Tunerdaten akzeptiert, ohne anschließend eine schlechte Mundpropaganda zu verbreiteten.

Prüfstands-Kleinkriege mit abwärtsgefakten Leistungsdaten für Abstimmungen von Tunerkonkurrenten kann man teilweise sabotieren, indem man
:arrow: beim Fahrzeugaufbau auf dem Prüfstand auf die bestmögliche Kühlluftzufuhr besonders zum LLK (Gebläseposition, freier Luftweg zum Lufteinlaß) achtet
:arrow: vor der Messung die Klimaanlage deaktiviert, z.B. durch Trennen der Steuerkabelverbindung zum Kompressor / zur Magnetkupplung oder Ziehen der Sicherung für das Klima-Steuergerät
:arrow: den Prüfstandslauf mit einem Diagnosetool mitloggt / mitloggen lässt und vor dem Bezahlen der Messung prüft, ob der Motor durchgängig mit der vollen Leistung gefahren wurde.
Z.B. bei den 9N TDIs eignet sich dafür das gleichzeitige Loggen der MWB 1, 8 und 10. Beim Hochlauf der Motordrehzahl (zu sehen in MWB 1 und 8 ) bis in den Pmax-Bereich des Messganges muß der MWB 10 durchgängig 100% Gaspedalstellung zeigen, und die Einspritzmenge im MWB 1 sollte nicht unter dem Minimum der 3 Werte im MWB 8 liegen. Falls doch, war eine softwareseitige Leistungsbremse aktiv, z.B. wegen zu hoher LLT.

In jedem Fall sollte man einen großen Bogen um nichtssagende Protokolle wie oben im Bild 2 und 3 machen (Tip: vor dem Auftrag ein paar Diagramme anderer Messungen zeigen lassen) und stattdessen alle Daten verlangen, die der Prüfstand hergibt:
:arrow: die Kurven für Radleistung, Schleppleistung, berechnete Motorleistung, korrigierte (Norm)Leistung und Drehmoment, alle skaliert auf Motordrehzahl statt Rollengeschwindigkeit
:arrow: sämtliche Rahmendaten wie z.B. im Bild 9, die man sofort soweit wie möglich auf Plausibilität prüft: z.B. die Temperatur in der Prüfstandshalle, Luftdruck anhand von Ortshöhe und Wetterlage.
Indem man dem Prüfstandsbetreiber so die maximale Anzahl an Quercheck-Daten abverlangt, bleibt ihm nur eine reduzierte Palette von Möglichkeiten für nicht erkennbare Fakes. Falls er dafür zu dumm ist, oder sein Prüfstand nichts in dieser Richtung hergibt (auch so etwas soll es geben) und ansonsten eine neutrale Grundkalibrierung hat, kann der Betreiber eine korrekte Messung nicht vermeiden – außer er lehnt den Auftrag ab.

Am besten ist es natürlich, man kennt schon länger einen fachlich fitten Insider des Betriebs, mit dem man bereits ausführlich über die Schummelmöglichkeiten gesprochen hat. Wenn so ein Insider eine korrekte Messung zusagt, werden auch höchstwahrscheinlich keine Fehler (außer den unvermeidbaren Prüfstandstoleranzen) drin sein.
Stellt man dann einen gechippten TDI auf die Rolle, so sollte man sich vorsichtshalber auf eine mögliche Enttäuschung gegenüber den Tunerversprechen gefasst machen – siehe oben das Beispiel im Bild 8 . . .

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Fragen, Kommentare, Ergänzungen, Erfahrungen usw. bitte hier posten:
motor-technik/diskussion-leistungsprufs ... 58200.html
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Fahrzeuge: Polo 6R WRC  

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